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Zoll-Verhältnisse nicht unbedeutend. In der Mitte der sechziger
Jahre wurden für Wien und Umgebung an 3500 Geschäfte mit
9700 Hilfsarbeitern constatirt, welche Schuhwaaren um mehr als
zwölf Millionen Gulden erzeugten. In ganz Oesterreich existirten um
dieselbe Zeit 7 Schuhwaaren - Fabriken und 80.250 Schuhmacher,
Czismen-Macher etc. Deren Erzeugnisse werden in die Provinzen, nach
dem deutschen Zoll-Verein, nach der Türkei, Donaufürstenthümer,
Kussland, ganz Süd-Amerika, die Antillen, Australien, Canada,
China und Java abgesetzt.
Die Handschuhmacher theilten sich schon zu Ende des vorigen
Jahrhunderts in „deutsche“ und „französische“. Erstere bildeten in
Wien eine Zunft mit einer „Ordnung“ von 1772, die anderen waren
von jedem Zunftzwange befreit und es konnte schon damals die
Wahrnehmung nicht unterdrückt werden, dass sich dieses von jedem
Drucke freie Gewerbe in einer solchen Weise entwickelte, welche
seine Erzeugnisse frühzeitig auf den auswärtigen Märkten concurrenz-
fähig machten.
Der Unterschied zwischen beiden Richtungen bestand darin,
dass die deutschen Handschuhmacher ausser Handschuhen noch eine
Menge anderer Artikel anfertigten, als: Beutel, Taschen, Hosen,
Leibchen, Socken, Säbeltaschen, Fechtzeug, Polster, Bett-Einlegtücher
von Hirschhäuten, Hosenträger, Strumpfbänder, Leibgürtel, Bandagen,
Compressen u. dgl; sie färbten, putzten, wuschen, besetzten und
adjustirten diese Gegenstände, jedoch wurden alle diese Artikel von
ihnen selbst genäht und kunstvoll gesteppt. — Die französischen
Handschuhmacher erzeugten ausschliesslich Handschuhe und zwar:
Glace und sogenannte schwedische, richteten sich das Leder selbst zu,
färbten es selbst und schnitten es zu; das Nähen wurde von Frauen
und Mädchen ausser Hause besorgt.
1821 waren ausser einigen grösseren Fabriken 113 Geschäfte
— darunter 30 nach französischer Art — etablirt, welche eine
beträchtliche Anzahl Arbeitskräfte beschäftigten. In den Provinzen
war die deutsche Handschuhmacherei gut vertreten, da die Land-
Bevölkerung vielfach Kleidungsstücke aus Hirsch- und Rehleder, und
auch sonst vielerlei Artikel aus Waschleder bedurfte.