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Während, wie schon erwähnt, im Jahre 1821 113 Geschäfte
in Wien bestanden, wovon nur 30 nach französischer Art arbei
teten , waren um die Mitte der sechziger Jahre in Wien
246 Gewerbe etablirt, welche über 750 Arbeiter beschäftigten.
Diese schnitten über 234.000 Dutzend Handschuhe zu, welche
wieder 9000 bis 10.000 Näherinnen beschäftigten, von denen ein
Drittel in Wien und zwei Drittel in der Provinz domicilirten. Der
Wert wird auf zwei Millionen Gulden berechnet. Ausserdem wurden
8000 bis 10.000 Dutzend Waschleder-Handschuhe, sowie 1000 bis
1200 Paar Ober- und Unterhosen aus Hirsch- oder Eehleder erzeugt.
In ganz Oesterreich (vorzüglich Prag) werden 1400 Handschuh-
Macher - Geschäfte gezählt, welche die Handschuhe meist nach
französischer Art arbeiten, seitdem auch das Leder von den Fabriken
in brauchbarer W T eise erzeugt wird.
Der Import hat seit 25 Jahren beinahe ganz aufgehört, und
nur hochfeine Qualität wird in ganz kleinen Partien bezogen.
Das Hutmacher-Gewerbe war in Oesterreich stets von Bedeu
tung, sowohl hinsichtlich der Anzahl von Kräften, die es beschäftigte,
als auch hinsichtlich der Güte seiner Waare, welche zu Anfang dieses
Jahrhunderts mit englischen und französischen Fabricateu zu con-
curriren begann. Wie damals allgemein, war auch dieses Gewerbe
zünftig mit der letzten Innungs-Ordnung von 1815. Es theilte sich
in eigentliche Hutmacher, die sich mit der Erzeugung des Filzes aus
Wolle (Lamms- und Wickelwolle), aus Kalbs-, Kameel-, Hasen-,
seltener aus Biber-Haaren befassten, und in Hut-Zurichter oder Hut-
Stepper, welche die Filze färbten, formten, bürsteten, heiss bügelten
und nach der Mode staffirten. Das anhaltende Bestreben, die Filze
möglichst dauerhaft, fein und wasserdicht zu machen, gleichzeitig
dem Wechsel der Mode zu folgen, hatte von allen Seiten Ver
besserungen, neue Erfindungen und Fabrications-Weisen im Gefolge,
wovon viele patentirt wurden — ohne, wie begreiflich, lange benützt
zu werden.
Aus älteren Berichten ist zu entnehmen, dass man damals
schon bemüht war, die schädlichen Beizen durch andere und billi
gere Mittel zu ersetzen, die Hüte leichter, elastischer zu machen,