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die Kaiserin Maria Theresia jenen, welche sich zur Errichtung von
Klöppelschulen herbeiliessen, Unterstützungen zu und setzte Preise
für diejenigen Klöppel-Meisterinnen aus, welche die meisten Mädchen
in der Anfertigung der feinsten und schönsten Spitzen unterweisen
würden.
In Folge dessen wurde schon das nächste Jahr in Prag eine
Spitzenschule errichtet.
Weitere Verbreitung fand diese Industrie bei der unter Kaiser
Josef II. ausgeführten Reform des Schulwesens. Bischof von Schul
stein nahm in den 200 Industrial - Schulen, welche in Böhmen
gegründet wurden, das Spitzenklöppeln als Lehrgegenstand für
Mädchen auf.
Bischof Graf Engel errichtete zu Göss in Ober-Steiermark eine
Spinn- und Klöppelschule.
Der Verlust der Niederlande zog in Oesterreich abermals die
Aufmerksamkeit der kaiserlichen Regierung auf die Spitzen-Industrie,
und man versuchte die Brüsseler Spitzen-Fabrication nach Oesterreich
zu verpflanzen. Die Kaiserin Ludovika berief die Familie des Ober-
Stabsarztes van der Cruym mit andern Kunstkräften in dieser Industrie
nach Wien, und gründete hier eine Muster-Anstalt für Spitzen-
Erzeugung und Batist-Weberei. In diese Anstalt wurden im Jahre
1810 aus mehreren Städten des böhmischen Erzgebirges 32 Mädchen
berufen, welche nach zwei Jahren wieder in ihre Heimat zurückkehrten,
um hier als Lehrmeisterinnen zu wirken. Im Jahre 1813 wurden zu
Graslitz, Elbogen, Joachimsthal und Schmiedeberg Spitzenschulen
errichtet. Im Jahre 1817 wurde in Prag eine Haupt-Spitzenschule
eröffnet, in welcher 120 Mädchen in der Verfertigung von Reseaux,
Plats und Points Unterweisung erhielten.
Alle die Anstalten wurden in kurzer Zeit wieder aufgelassen,
denn die Erfindung der Maschinen-Spitzen in England bereitete den
Handspitzen eine Concurrenz, deren erstem Anprall sie nicht wider
stehen konnte *).
*) Dreierlei Maschinen ■wurden für die Erzeugung von Spitzengrund
und gemusterte Spitzen erfunden: der Strumpfstuhl, der Kettenstuhl oder
Petinet-Stuhl (Warp frame) und die Bobbinet-Maschine.