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Nun konnte die Maschinen-Spitze oder die sogenannte unechte
Spitze von der echten Handspitze nur ein geübtes Auge mehr unter
scheiden, und die Maschinen-Spitze gewann bald reissenden Absatz;
anfangs durch Täuschung, später durch erstaunliche Wohlfeilheit der
Waare begünstigt. Während eine Klöpplerin in der Minute nur
5 Maschen fertigt, schlingt die Maschine deren 30.000. Die
Maschinen-Spitze kostete bald nur ein Fünfzehntel von dem Preise
der Handspitze.
Wenn man erwägt, dass im Jahre 183 L in England (deren
Hauptsitz Nottingham) allein 5000 Maschinen beschäftigt waren,
die 30 Millionen Yards Maschinen-Spitzen erzeugten, so kann man
den Druck der Maschine auf die Handarbeit erwägen *).
Die österreichische Regierung suchte durch Zoll-Gesetze entge
gen zu wirken. Die Zoll-Ordnung von 1788 verbot die Einfuhr von
fremden Spitzen gänzlich; der Zoll-Tarif vom Jahre 1818 legte einen
In dem Strumpfstuhl wird ein einziger fortlaufender Faden über eine
lange Reihe von Haken-Nadeln gelegt, der durch Platinen und Unden in
hunderte von Maschen auf einmal gepresst wird, die sich in der Strumpfver
schlingung reihenweise folgen.
Im Kettenstuhl oder Petinet-Stuhl geschieht die Bildung der Maschen,
die ausgespannt sich als Löcher darstellen, auf gleiche Weise wie im Strumpf-
Stuhl ; nur mit dem Unterschiede dass für jede Nadel auf Bäumen gewundene
Fäden (Werfte, Kette) ineinander gewirkt oder verschlungen werden,
wodurch ein festes Spitzengewirke entsteht, das sich, wenn der Stuhl dazu
vorgerichtet ist, in einzelnen Streifen, welche Stahlleisten haben, durch
Herausziehen von Kettenfäden zertrennen, sich aber nicht in einem Faden
wieder auseinanderziehen lässt, wie ein Strumpf-Petinet-Zeug.
In der Bobbinet-Masohine werden endlich die Werfte- oder die Ketten-
Fäden von Schussfäden, deren jeder auf einer besonderen Spule (Bobbin)
gewickelt ist, umschlungen, in gleicherweise, obwohl in anderer Ausführung,
wie die Klöppel auf dem Klöppelseil, die Spitzenmaschen bilden. Schon
die Erfindung des einfachen Spitzengrundes machte der Handspitze Con-
currenz, denn man ahmte die Handspitze nach, indem man auf dem Grund
die Zeichnung einnähte.
Die von Heathcoat erfundene Bobbinet-Maschine (in Oesterreich 1831
eingeführt) stellte aber den gewöhnlichen sechsseitigen Spitzengrund
täuschend ähnlich her, und wurde bald dahin verbessert, dass auch ein
Muster eingewebt werden konnte.
*) In Frankreich werden Maschinen-Spitzen erzeugt in:
Calais, Saint-Pierre-Les-Calais, Paris, Lyon, Saint-Quentin. Caudry,
Inchy, Lille und Cambrai; ferner in Belgien, Spanien, Deutschland, der
Schweiz und Oesterreich.
In Nieder-Oesterreich und zwar in Wien bestanden im Jahre 1856
nur zwei Fabriks-Unternehmungen für Maschinen-Spitzen-Fabrication, näm
lich die von Ludwig Damböck’s Erben und jene von F. Schlick.