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Volltext: Beiträge zur Geschichte der Gewerbe und Erfindungen Oesterreichs von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart ; Weltausstellung 1873 in Wien ; Erste Reihe: Rohproduction und Industrie

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Erwerbung eines immerhin reichlichen Lebensunterhaltes. So wurde 
Magdalene Bienert (geb. 1781) die Barbara Uttmann des böhmischen 
Mederlandes und mehr als diese. Von Mxdorf aus verbreitete sich 
der neue Industrie-Zweig nach Hainspach, Wölmsdorf, Franzensthal, 
Karolinenthal, Lobendau, Ober- und Meder-Einsiedel u. s. w. Die 
Nachfrage stieg mit der Fertigkeit der Arbeiterinnen von Jahr zu 
Jahr; ein fleissiges, geschicktes Mädchen war im Stande, eine kleine 
Familie zu ernähren. Die Heiratslust der „niederländischen“ Lein 
weber stieg bedeutend, und gab es für einen solchen allerdings kein 
profitableres Geschäft als die Heirat mit einem tüchtigen „Blumen 
mädchen“. Während die Frau daheim, unterstützt von ihren Hilfs- 
Arbeiterinnen — meist den eigenen Kindern — emsig schaffte, ging 
der Mann mit der fertigen Waare hausiren und bezog bald auch die 
Messen in Leipzig, Frankfurt a. M., Braunschweig und Frankfurt a. 0. 
Ganz erstaunliche Massen, besonders grosser, flacher Bouquets und 
viele tausend Ellen Guirlanden gingen auf diese Weise in das Aus 
land, aus welchem übrigens, wie bemerkt werden muss, der grösste 
Theil des Boh-Materials geholt wurde, so aus den benachbarten Grenz- 
Städtchen Sebnitz und Neustadt bei Stolpen. Man schätzt die Zahl 
der durch die Kunstblumen-Erzeugung um das Jahr 1833 im 
böhmischen Niederlande beschäftigten Familien auf nahezu 2000. 
Doch schon hatte unser Industrie-Zweig auf dem bezeichneten 
Territorium seinen Höhepunct erreicht. War bisher nach öster 
reichischen Zoll-Gesetzen die Einfuhr künstlicher Blumen aus dem 
Auslande nur gegen einen besondern Pass und gegen die Entrichtung 
eines Zolls von 36 Kreuzern vom Wertgulden gestattet, das heisst so 
viel wie verboten, so ergriff nunmehr der eben erst zu Stande gebrachte 
grosse deutsche Zoll-Verein, auf den unscheinbaren und doch für so 
viele Menschenleben äusserst lucrativen Gewerbszweig aufmerksam 
geworden, zum Schutze seiner Leute ganz dieselbe Massregel und 
legte mit dem Zollsätze von 100 Thalern für den Centner Kunst- 
Blumen (ohne Unterschied der Qualität) auch seinerseits ein förm 
liches Verbot auf die Einfuhr dieses Artikels. Da man bei uns 
durchwegs nur Waaren geringerer Sorte erzeugte, mit deren Preis 
der Zoll in gar keinem Verhältnisse stand, so lag mit einem Male
	        
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