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das Geschäft vollständig darnieder. Die Speculation fand aber nach
kurzer Krisis einen Ausweg.
Es sind nunmehr an 40 Jahre, dass einer der bedeutendsten
„Fabrikanten“ (recte Grosshändler) Nixdorfs den Entschluss fasste,
sein Kunstblumen - Geschäft von dem bisherigen Standorte nach
Sebnitz zu verlegen, woselbst, wie angedeutet worden, diess Gewerbe
ohnehin bereits wohlbekannt war. Das Unternehmen glückte und
fand bald zahlreiche Nachahmung. Erst wurden einzelne Stuben
gemiethet, daun ganze Häuser angekauft; in kurzer Zeit standen die
Erzeugungs-Stätten künstlicher Blumen in Böhmen beinahe gänzlich
leer und war deren Geschäft nach Sebnitz, Hertigswalde, Saupsdorf,
Neustadt, Burkersdorf, Steinigl-VVolmsdorf u. s. w. über die sächsische
Grenze gewandert. Die neuen Etablissements fast durchgehends von
vermöglichen, mit dem Artikel und den betreffenden Conjuncturen
vollkommen vertrauten deutsch-böhmischen Kaufleuten, die sich die
erforderlichen staatsbürgerlichen Rechte in Sachsen verschafft hatten,
gegründet; in technischer Hinsicht von erfahrener, weiblicher Hand
geleitet, hatten unter andern auch den grossen Vortheil, an der
eigentlichen Bezugsquelle des Boh-Materials situirt zu sein, und in
dem hohen Stande des Agio’s ein Mittel zu besitzen, dass es den
niederländischen Blumenmädchen ganz unbedenklich erscheinen liess,
des Montags früh einen mehrere Stunden weiten Weg in die sächsi
schen „Blumensäle“ zu wandern, um Sonnabends darauf, den wohl
verdienten Lohn in blanken Silberthalern in der Tasche, den Heimweg
anzutreten. Die Nachtheile, welche aus solchen Verhältnissen unseren
böhmischen Niederlande erwuchsen, liegen auf der Hand.
Noch waren aber einzelne, allerdings sehr wenige Kunstblumen-
Erzeuger in Nixdorf, Hainspach, Schluckenau und den umliegenden
böhmischen Ortschaften zurückgeblieben, die es sich nun, auf’s
Höchste bedrängt, ausserordentlich angelegen sein liessen, da die
Zollvereins-Länder, die bisher einzigen Absatz-Gebiete, versperrt
waren, neue Märkte ausfindig zu machen, sodann aber auch eine die
seitherigen Leistungen möglichst überbietende, „hochfeine“ Waare
herzustellen, um trotz aller Prohibition die Concurrenz selbst innerhalb
der Zoll-Schranken des Zoll-Vereins bestehen! zu können. Rastloses