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Den ersten Platz in der Kunstblumen-Fabrication Oesterreichs
nimmt, insbesondere nach Wegfall des lombardisch-venetianischen
Königreiches aus dem österreichischen Staats-Verbande, unbestritten
Nieder-Oesterreich ein. Eine Specialität Wiens bildeten längere Zeit
die „Kastner’schen Miniatur-Blumen“, auf deren Erfindung sich am
30. Mai 1826 Josef Kästner in Wien ein fünfjähriges Privilegium
erwarb, das jedoch bereits im folgenden Jahre als aufgehoben erklärt
wurde, da es sich dabei um keine eigentliche Erfindung handelte, son
dern nur um die neue Anwendung einer längst bekannten Methode, die
Darstellung von Bouquets, Yisitkarten und verschiedenen Galanterie-
Waaren mit kleinen künstlichen Blumen, welche gleichwohl bis zur
jüngsten Zeit den Namen ihres Pseudo-Erfinders beibehielten. Die
Fortschritte der Technik, namentlich aber der Chemie in den letzten
Jahrzehnten übten auch auf diesen Productions-Zweig einen wohl-
thätigen Bückschlag, da man es verstand, die Resultate wissenschaft
licher Forschung so rasch wie möglich auf die Praxis des Gewerbes
anzuwenden. Im Jahre 1860 bestanden in Nieder-Oesterreich 309
selbständige Steuer zahlende Gewerbetreibende der Kunstblumen-
Erzeugung mit einer Steuer-Leistung von 2871 fl.; die Zahl sank
innerhalb 5 Jahren auf 256 Gewerbetreibende herab, welche aber noch
2318’/a fl. (directe) Steuer entrichteten. Die geringere Zahl der
Unternehmungen hat demnach nicht sowohl einen Rückgang, als
vielmehr nur eine Concentration der betreffenden Geschäfts-Kategorie
in den Händen einiger weniger, meist tüchtiger Persönlichkeiten zu
bedeuten. Als die ansehnlichsten Wiener Firmen dieser Branche
sind gegenwärtig ausser der schon vorerwähnten Gräfin P. Baudissin
zu verzeichnen: Emanuel Herschmann, Eduard Hutterstrasser, Gustav
Hirsch, Siegmund Steiner, Philipp Bergler, Wilhelm Beumer, Julie
Bunzl, Conr. Gottfried Elvert, Carl August Neuhauser und Carl Sild.
verpflanzen, lassen sich nicht,,machen“ sondern müssen „werden“, aus^einem
inneren Bedürfnisse hervorgegangen sein, um Wurzel fassen und dauernd
fortbestehen zukönnen. DieGraupenerSchule,.von einer äusserst routinirten
Lehrerin geleitet, war von circa 20 armen Schülerinnen besucht, welche
einen täglichen Lohn von je 6 kr. C. M. erwarben, musste aber, als die
Unterstützung von Aussen her entzogen wurde, gänzlich eingehen, ohne an
dem Orte ihres Bestandes, geschweige in dem weiteren Erzgebirge, irgend
eine Spur zu hinterlassen.