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Volltext: Beiträge zur Geschichte der Gewerbe und Erfindungen Oesterreichs von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart ; Weltausstellung 1873 in Wien ; Erste Reihe: Rohproduction und Industrie

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Die reiche Sattel-Kammer im k. k. Hofmarstall-Gebäude in 
Wien, zu welcher Jedermann der Zutritt gestattet ist, bildet die 
reichhaltigste Sammlung ihrer Art. Allerdings sind da meist Parade- 
Gegenstände aufgestapelt; doch finden wir unter den älteren 
Erzeugnissen zum grössten Theile österreichische Werke*). 
Die Fabrieation der Peitschen hat in Oesterreich in allen ver 
schiedenen Arten nebst den zu diesem Industrie-Zweige gehörigen 
Keitstöcken ebenfalls eine solche Vollkommenheit erreicht, dass sie 
sich mit den besten Leistungen auf diesem Gebiete in der ganzen 
Welt messen kann. 
Unsere Kenntniss der Geschichte dieses Industrie - Zweiges 
geht bis auf 80 Jahre zurück. Das Material war damals haupt 
sächlich Fischbein mit Stuhlrohr verbunden. Die daraus erzeugten 
Peitschen wurden auf einem Klöppelbock mit Zwirn, Darm-Saiten 
und für besonderen Luxus mit Seide überarbeitet. Ungefähr 50 Jahre 
zurück, nachdem dieses Gewerbe 30 Jahre lang fast ohne Fortschritt 
blieb, kam eine Maschine, zuerst aus Holz und bald darauf aus Eisen 
erbaut, in Verwendung, mittelst welcher die Peitschen und Stöcke 
übersponnen wurden. Diese Maschine ist heute noch im Gebrauche ; 
seit etwa 12 Jahren wird die feinere Waare der grösseren Schönheit 
und Dauerhaftigkeit halber wieder auf einem verbesserten Klöppel- 
Bock überarbeitet. Das Haupt-Material für dieses Gewerbe bilden 
heute: aus England importirte Stöcke und das sogenannte Triester- 
Holz zu den ungarischen Peitschen, dann alaun-gares, nebst vielen 
anderen Gattungen Leder, Flecht-Fischbein etc. Die Dauerhaftigkeit, 
dann die geschmackvolle Zusammenstellung und die oft sehr reichen 
Beschläge, durch welche dieses Fabricat sich in Oesterreich Bahn 
gebrochen hat, stellt es auf gleiche Stufe mit jenen aller Nationen, 
welche in diesem Fache excelliren. 
*) Ein Paar Pferde -Geschirre, kunstvoll mit Pfauenfedern ausgenäht, 
und ein Paar Schlitten-Geschirre, welche beide dem Grafen Radetzky gehört 
hatten, dann zwei Paar sehr reiche Schlitten-Geschirre, welche in den 
Jahren 1813 bis 1814 erzeugt wurden, ferner mehrere Sechserzüge mit rothem 
Sammt überzogen und schwer beschlagen, im Jahre 1830 erzeugt und den 
ebenfalls im Jahre 1830 ausgeführten ungemein reich auf Sammt gestickten 
Krönungszug für acht Pferde, welcher zum letzten Mal bei der Krönung des 
Kaisers Franz Josef I., zum König von Ungarn, in Verwendung war.
	        
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