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Volltext: Beiträge zur Geschichte der Gewerbe und Erfindungen Oesterreichs von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart ; Weltausstellung 1873 in Wien ; Erste Reihe: Rohproduction und Industrie

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Glieder zu verfertigen. Es blieb jedoch nur bei diesen Versuchen und 
selbst heute spielt in Oesterreich die Holz-Bearbeitungs-Masehine in 
den Möbel - Fabriken noch nicht jene Rolle, die man ihr wird bald 
einräumen müssen, wenn man der ausländischen Concurrenz nicht 
unterliegen will. 
Die Erzeugung von Fournieren gewann allenthalben im öster 
reichischen Staate eine grosse Verbreitung, und namentlich zeichnet 
sich schon in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts Tirol, Sieben 
bürgen undKrain in dieser Richtung aus. Die erste Fournier-Säge in 
Krain wurde von Michael Primozic zu Dom im Jahre 1838 errichtet. 
Die wichtigste Neuerung auf dem Gebiete der Möbel-Erzeugung 
ist zweifellos die Einführung der Möbel aus gebogenem Holze durch 
Mich ael Thonet*). Schon im Jahre 1810 wird berichtet, dass inVor- 
arlberg Radfelgen in einem Stücke aus gebogenem Holze angefertiget 
wurden. Die Idee, das Holz durch Biegen in zu gewissen Zwecken 
verwendbare Formen zu bringen, ist indessen noch älter, und die 
*) Michael Thonet wurde zu Boppart in Rhein-Preussen am 2. Juli 1796 
geboren und lebte bis zum Jahre 1834 in ziemlich dürftigen Verhältnissen, 
ln diesem Jahre machte er die ersten Versuche Längenholz in jede belie 
bige Form bleibend zu biegen und die Versuche gelangen in überraschender 
Weise, doch ging es ihm, wie so vielen Denkern auf dem industriellen 
Gebiete, man hielt seine Erfindung für eine hübsche Spielerei ohne beson 
deren Wert. Kurze Zeit darauf wurde in Folge seiner gemachten wichtigen 
Erfindung Thonet vom Fürsten von Metternich aufgefordert, nach Wien zu 
kommen, um seine Methode in Anwendung zu bringen. Nach vielen 
fruchtlosen Versuchen und allerlei Widerwärtigkeiten gelang es ihm 
endlich im Jahre 1850 eine ausgedehnte Möbel-Fabrik zu errichten. Von 
diesem Zeitpuncte an gewannen seine Producte eine Stellung im Welthandel 
und 1856 konnte er schon sein grossartiges Etablissement zu Koriczan 
begründen, dem sich im Laufe der Zeit noch drei andere bedeutende Fabriken 
und verschiedene Filialen in Mähren und Ungarn anschlossen. 
Sämmtliche Etablissements werden durch Motoren von einer Gesammt- 
kraft von 300 Pferdekräften im Betrieb erhalten, die 4000 Arbeiter unter 
stützen. 
Welchen grossartigen Aufschwung die Industrie Thonet’s genommen 
hat, erhellt daraus, dass täglich in den gesammten Fabriken zusammen 
durchschnittlich 1500, im Jahre also ungefähr 450.000 verschiedene Möbel- 
Stücke, als Stühle, Fauteuils, Sopha’s, Tischgestelle und so weiter, ausser 
dem aber noch leichte Fuhrwerke angefertigt werden. In letzter Zeit dehnte 
Thonet seine Production auch auf Mosaik-Parquet-Fussböden aus. Das zu 
den eigentlichen Fabricaten verwendete Holz ist grösstentheils rothbuchenes, 
ausserdem aber auch eichenes, eschenes und anderes. 
Diese wichtige Industrie wird nun nach seinem Tode, Thonet starb 
im sechsundsiebzigsten Jahre seines Lebens am 3. März 1871, in noch 
grösserem Maassstabe von seinen Söhnen foitgeführt. 
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