407
verfertiget zu haben, ln der Vormärz-Zeit beschäftigten sich manche
Cavaliere mit Vorliebe und nicht ohne Geschick mit der Herstellung
von Kunsttischler-Erzeugnissen. Bekannt z. B., sind die Leistungen
des Grafen Breuner, Besitzer von Grafenegg, in dieser Richtung.
Sogar die kaiserliche Familie unterhielt sich mit diesem Dilettan
tismus. Der Nürnberger-Waaren-Händler Ignaz Kühn beschäftigte
sich damit, Werkzeug-Kästen für „Kunst-Liebhaber und Dilettanten“
zusammenzustellen und soll dabei seine Rechnung gefunden haben.
Wir haben weiter oben bemerkt, dass die Kunstmöbel-Fabri-
cation sich in jüngster Zeit vornehmlich auf die Decoration durch
Holzschnitzereien stützte, die Holzschnitzerei ist aber in Oesterreich
keineswegs ein Kind der jüngsten Zeit, sie wurzelt vielmehi im
Volke und hat seit Jahrhunderten ihre Heimat in den von herrlichen
Nadelholz-Wäldern bekrönten Gebirgs-Ländern des Kaiserstaates.
Der Böhmerwald, das Erzgebirge und die Alpen mit ihrer deutschen
Bewohnerschaft trieben die Schnitzerei seit undenklichen Zeiten, ja
auch bei den slavischen Bewohnern der Karpathen und des Karstes
finden sich Spuren einer derartigen Kunstthätigkeit. Kunstsinn und
manuelles Geschick zeichneten die Arbeit der Haus-Industiie diesei
Gattung auch schon vor mehr als einem Jahrhunderte aus*). Die
Holzschnitzerei im Grödnerthale**) hat sich einen besonderen Ruf
*) Siehe: Exner. Die Industrie des Böhmerwaldes. Wien 1871.
**) Die Holzschnitzerei im Grödner - Thale in Tirol entwickelte sich
gewerbsmässig seit Mitte des achtzehnten Jahrhunderts, veranlasst vornehm
lich durch Johann de Metz, und gefördert durch den ungemein rührigen
Handelsgeist der Thal-Bewohner seihst, welche den Producten dieser
Industrie durch den Hausier-Handel und seit Beginn des gegenwärtigen
Jahrhunderts durch Errichtung und Verzweigung von Haupt-Verlagsstatten
in allen bedeutenderen Städten des Continents und selbst in Amen 'a
sichere und directe Absatzwege verschafften.
Gegenstände des ersten Versuches waren Bilderrahmen, später ging
man zu Thier-Figuren, Glieder-Puppen, Kinder - Spielwaaren, Christus- und
Heiligen-Bildern über, wofür die Modelle von den Verlegern aus fremden
Ländern (so das erste Puppen-Modell von J. Senoner in Grenoble) gebracht
und den Schnitzlern zur Nachbildung übergeben wurden.
Als Rohstoff wurde früher nur das zartfaserige und bildsame Zirbel
holz verwendet, dessen allmäliges Ausgehen zur Verwendung anderer Holz
arten, insbesondere von Fichten-, Föhren-, Nussbaum-, Ahornholz und zum
Bezüge des Roh-Materials von ausserhalb des Thal-Gebietes nötigte.
Als Werkzeug dienen gewöhnliche vonjächlossern verfertigte Schnitz-
Eisen, und erst seit Anfang dietes Jahrhunderts Drechselbänke. Die