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Volltext: Beiträge zur Geschichte der Gewerbe und Erfindungen Oesterreichs von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart ; Weltausstellung 1873 in Wien ; Erste Reihe: Rohproduction und Industrie

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verfertiget zu haben, ln der Vormärz-Zeit beschäftigten sich manche 
Cavaliere mit Vorliebe und nicht ohne Geschick mit der Herstellung 
von Kunsttischler-Erzeugnissen. Bekannt z. B., sind die Leistungen 
des Grafen Breuner, Besitzer von Grafenegg, in dieser Richtung. 
Sogar die kaiserliche Familie unterhielt sich mit diesem Dilettan 
tismus. Der Nürnberger-Waaren-Händler Ignaz Kühn beschäftigte 
sich damit, Werkzeug-Kästen für „Kunst-Liebhaber und Dilettanten“ 
zusammenzustellen und soll dabei seine Rechnung gefunden haben. 
Wir haben weiter oben bemerkt, dass die Kunstmöbel-Fabri- 
cation sich in jüngster Zeit vornehmlich auf die Decoration durch 
Holzschnitzereien stützte, die Holzschnitzerei ist aber in Oesterreich 
keineswegs ein Kind der jüngsten Zeit, sie wurzelt vielmehi im 
Volke und hat seit Jahrhunderten ihre Heimat in den von herrlichen 
Nadelholz-Wäldern bekrönten Gebirgs-Ländern des Kaiserstaates. 
Der Böhmerwald, das Erzgebirge und die Alpen mit ihrer deutschen 
Bewohnerschaft trieben die Schnitzerei seit undenklichen Zeiten, ja 
auch bei den slavischen Bewohnern der Karpathen und des Karstes 
finden sich Spuren einer derartigen Kunstthätigkeit. Kunstsinn und 
manuelles Geschick zeichneten die Arbeit der Haus-Industiie diesei 
Gattung auch schon vor mehr als einem Jahrhunderte aus*). Die 
Holzschnitzerei im Grödnerthale**) hat sich einen besonderen Ruf 
*) Siehe: Exner. Die Industrie des Böhmerwaldes. Wien 1871. 
**) Die Holzschnitzerei im Grödner - Thale in Tirol entwickelte sich 
gewerbsmässig seit Mitte des achtzehnten Jahrhunderts, veranlasst vornehm 
lich durch Johann de Metz, und gefördert durch den ungemein rührigen 
Handelsgeist der Thal-Bewohner seihst, welche den Producten dieser 
Industrie durch den Hausier-Handel und seit Beginn des gegenwärtigen 
Jahrhunderts durch Errichtung und Verzweigung von Haupt-Verlagsstatten 
in allen bedeutenderen Städten des Continents und selbst in Amen 'a 
sichere und directe Absatzwege verschafften. 
Gegenstände des ersten Versuches waren Bilderrahmen, später ging 
man zu Thier-Figuren, Glieder-Puppen, Kinder - Spielwaaren, Christus- und 
Heiligen-Bildern über, wofür die Modelle von den Verlegern aus fremden 
Ländern (so das erste Puppen-Modell von J. Senoner in Grenoble) gebracht 
und den Schnitzlern zur Nachbildung übergeben wurden. 
Als Rohstoff wurde früher nur das zartfaserige und bildsame Zirbel 
holz verwendet, dessen allmäliges Ausgehen zur Verwendung anderer Holz 
arten, insbesondere von Fichten-, Föhren-, Nussbaum-, Ahornholz und zum 
Bezüge des Roh-Materials von ausserhalb des Thal-Gebietes nötigte. 
Als Werkzeug dienen gewöhnliche vonjächlossern verfertigte Schnitz- 
Eisen, und erst seit Anfang dietes Jahrhunderts Drechselbänke. Die
	        
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