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Grade verlieren mussten, als die Porzellan- und Glas-Waaren in
I olge ihrer Billigkeit für den Hausbedarf allgemein zugänglich wurden.
Dagegen participirte die Thonwaaren-Fabrication zu allermeist
an dem Aufschwünge der Bau-Gewerbe; sie dient in dieser Richtung
eben so sehr den Ansprüchen eines berechtigten Luxus, als den
Forderungen des gewöhnlichen Bedarfs, und der Fortschritt, welcher
sich hier wie dort bemerkbar macht, liegt zumeist in der Form und
deren Veredlung. Im Schmucke des Hauses durch Ornamente aller
Art bis zur Statue, im Bau der Oefen begegnen wir neuen gefälligen
Formen. Als Etablissement ersten Ranges sei hier die Fabrik von
H. Dräsche in Inzersdorf bei Wien hervorgehoben. Zugleich muss
bemerkt werden, dass die Fortschritte der rationellen Landwirtschaft
die fabriksmässige Erzeugung von Steinzeug-Röhren für die Drainage
im Gelolge hatten*). Johann David Stark war der erste, welcher die
Erzeugung von Retorten und Vorlagen zur Gewinnung von Vitriolöl
und von Flaschen zum Versande des letzteren eingeführt. Diese
Thongeschirre wurden früher von Waldenburg in Sachsen bezogen.
J. D. Stark holte von dort die Töpfer-Gehilfen und suchte im
Inlande (bei Loretto und \\ ildstein) die tauglichen Thongattungen,
welche, einmal gefunden, nun auch zur Erzeugung von feuerfestem
Bau-Materiale, von Glasöfen und Glashäfen verwendet werden **).
Die neueren Fortschritte der Pyrotechnik sind heute in den
Thonwaaren-Fabriken und Ziegeleien eingeführt, so z. B. der von
Hoffmann & Licht in Berlin, zum Brennen von Ziegeln, Thon-Waaren,
C'ement und Kalk construirte Bundöfen.
Auch die Erzeugung des Wedgewood-Geschirres, welche in
England einem stattlichen Industrie-Bezirke sein Gepräge gibt, ist
Oesterreich nicht fremd. Werkführer Hippmann führte diese Geschirre
in schwarzer und rother Thonmasse, jedoch unglasirt, in der Steingut-
*) Nowotny in Prag, Erfinder der Röhrenpressen.
**) Seitdem hat die Anwendung der Thongeschirre zur Yitriolöl -
Erzeugung sich ausserordentlich vermehrt; auf den Fabriken der Firma
’ 1111 Egerer und Pilsener Kreise werden jetzt zusammen
lAt'ürtü Kolben, ü°.3(10 Vorlagen, 194.000 Flaschen erzeugt und dazu
103.000 Centner Thon verbraucht.
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