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Es können diese Thatsachen nur mit Befriedigung begrüsst, es
kann aus denselben die Beruhigung geschöpft werden, dass diese
Gewerbs-Zweige sich weiter entwickeln, die Hilfsmittel der Gegen
wart immer eifriger ausnützen und weitere Quellen der Existenz und
des Wohlstandes schaffen werden.
Ein Gewerbe, welches in Wien und Umgebung und mit Ein
schluss der in anderen Gewerbs - Zweigen ähnlich Beschäftigten
wenigstens 10.000 Kräften der geistigen und physischen Arbeit ein
lohnendes Feld der Thätigkeit bietet, welches an diesem Standorte
allein jährlich circa vierzehn Millionen Umsatz erzielt und einen bedeu
tenden Verkehr mit dem Auslande vermittelt, darf auch die fort
während anwachsende Concurrenz nicht scheuen, wird jedoch die
selbe auch nie übersehen oder geringschätzen.
Mögen die allgemeinen und besonderen Verhältnisse einzelne
Artikel immer weiter wegdrängen vom Mittelpuncte des Verkehres,
so wird sich doch die hier vereinigte geistige Kraft immer erfolgreich
wehren können gegen die drohende Entziehung der Existenz-Berech
tigung; mag sich die Spule immer mehr in die einsamen Berge
zurückziehen, die Vereinigung von Anregung und Ausführung in der
Stadt wird Ersatz zu schaffen wissen, so lange Wissen und Können
Geldwert bleiben.
Ein Moment in den Verhältnissen des Wiener Drechsler-
Gewerbes muss besonders hervorgehoben werden. Tausende von
Hilfsarbeitern sind in demselben thätig, aber nur wenige Fabriks-
Schlotte bezeichnen die Stätten dieses Gewerbes, keine umfangreichen
Arbeits-Kasernen sind demselben erbaut; in bescheiden bürgerliche
Verhältnisse hat sich das Gewerbe eingetheilt, ist nicht Fabrik, aber
doch Fabrication geworden; nahezu 15 Percent der Arbeitskräfte
sind selbständige Gewerbetreibende.
Es muss darauf hingewiesen werden, dass andere Industrie
zweige in Folge der Arbeits-, Wohnungs- und anderen Verhältnisse
der neuesten Zeit von Wien beinahe verschwunden sind, während das
Drechsler - Gewerbe gerade hier ungleich kräftiger geworden ist.
Das kann nur darin begründet sein, dass das Drechsler-Gewerbe
verstanden hat, sich den Bedürfnissen der Zeit anzupassen; beinahe
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