t
490
damit begonnen, Briefe, Couverts, Visitkarten etc. mit Familien-
Wappen oder Monogrammen, ihren ganzen Namen oder dessen
Anfangsbuchstaben enthaltend, zu versehen. Die Adeligen anderer
Länder folgten bald diesem Beispiele. Eigene Apparate und neue
Kräfte mussten für diesen Kunst-Zweig geschaffen werden und sobald
diese einmal vorhanden waren, trachteten einige Künstler und
Kunst - Industrielle, denselben zu erweitern und ihn in’s tägliche
Leben einzuführen.
ln Oesterreich waren es die auch in anderer Richtung renom-
mirtenFirmen Syre s Neffe, dann Th eyer*) &Hardtmuth, welche sich
dieser Idee bemächtigten und sie in gelungenster Weise ausführten.
In Paris war im Jahre 1867 von ersterer Firma ein Tableau mit
1600 verschiedenen Wappen und Monogrammen zu sehen, die auf
künstlerischen Wert Anspruch machen und von denen inzwischen eine
Menge nachgeahmt wurden. Theyer hat diesem Kunst-Zweige ein
eigenes Atelier errichtet, aus denen die geschmackvollsten Arbeiten
dieser Art hervorgehen. Die genannten Firmen sind indess hiebei
nicht stehen geblieben.
Unter der grossen Menge barocker und bizarrer Brief-Ver
zierungen, wie Silhouetten, Diabolique, Jockey-Club etc., ragen die
von den genannten Firmen geschaffenen Fantasie-Papiere, welche
in zartester und getreuester Ausführung unsere Alpen-Flora in allen
Variationen wiedergeben, wohlthuend hervor. Zeichnung, Farbe und
*) Franz Theyer wurde im Jahre 1809 geboren, weilte schon von Jugend
auf in dem Geschäfte seines Vaters, Jakob Michael Theyer, bis er dasselbe
im Jahre 1847 von demselben übernahm. Einer der unermüdetsten Indu
striellen Wiens, betrieb er auch in eifrigster Weise die Daguerre’sche Erfin
dung und die Galvanoplastik. Franz Theyer starb am 17. August 1871.
Das Papier- und Zeichnen-Materialien-Geschäft „zur Stadt Nürnberg“
in der Kärntnerstrasse, Ecke der Weihburggasse, ist das einzige Geschäft in
Wien, welches unter derselben Firma in demselben Locale seit mehr als
hundert Jahren besteht. Jakob Michael Theyer, der Grossvater des jetzigen
Chefs, Theodor Theyer, kaufte die Nürnberger Waaien-Handlung von einem
gewissen Scharrer im Jahre 1763. Eine in dem Waaren-Lager Scharrer’s
befindliche Mistgabel mit gedrechseltem Stiel, in einem Etui aus Saphian-
Leder musste Theyer mit übernehmen. Diese Mistgabel wurde Gegenstand
einer Wette zwischen zwei Cavalieren, lenkte dadurch die Aufmerksamkeit
des Publicums auf das bescheidene Geschäft und begründete das Renommd
desselben. Die uns vorliegende, von Martin Theyer geschriebene Chronik
erzählt die Geschichte in rührender Weise. Noch heute wird die Mistgabel
als Talisman des Geschäftes aufbewahrt.