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der Maschine gezogenen Platten liefern sowohl in Stahl, Kupfer oder
Steinen solche Abdrücke, dass dieselben plastischen Gegenständen
gleichen.
Die Kupferstecher-Kunst war noch in den dreissiger Jahren
sowohl durch ausübende Künstler wie durch Kupferdruck-Etablisse
ments würdig vertreten, indem die meisten Kunst-Vereine ihren
Mitgliedern als Muster-Blätter vorzügliche Kupferstiche verabfolgten.
Durch die im fortwährenden Vorwärtsschreiten begriffene Litho
graphie wurde dem Kupferstiche grosse Concurrenz bereitet, so dass
die Zahl der Kupferstecher stets eine kleinere wurde und auch die
Kupfer-Druckereien sich verminderten. Hieran hatte nicht nur die
vervollkommnete Leistung der Lithographie schuld, sondern auch der
im Allgemeinen sich mehr den Farben - Bildern zuwendende
Geschmack wesentlich beigetragen. Die einst unter Schmutzer in
der Akademie der bildenden Künste in Flor stehende Kupferstecher-
Schule — aus welcher Meisterwerke der Kupferstecher-Kunst her
vorgingen — kam nach und nach ganz in Verfall und wurde endlich
ganz aufgehoben. Erst durch die Berufung des ausgezeichneten
Kupferstechers Jacoby an die Akademie der bildenden Künste fand
dieser Zweig der Kunst wieder volle Beachtung und wurde die
Kupferstecher-Schule wieder in’s Leben gerufen.
Bis zur Erfindung der Photographie war die Lithographie der
natürlichste Concurrent des Kupferstiches; allein durch die Photo
graphie w'ard dem Kupferstiche erst die grösste Concurrenz geboten,
da gerade Photographien nach Kupferstichen die correcteste Kepro-
duction boten und grössere schönere Kupferstiche erst durch die
Photographie Gemeingut werden konnten.
Der Kupferstecher - Kunst bleibt nur mehr das eigentliche
Kunstfach zur Verwertung, während noch vor 20 bis 25 Jahren sich
Kupferstecher ausschliesslich mit Gegenständen für den Handel und
Gewerbe - Betrieb, sogenannten Mercantil- Arbeiten, beschäftigten,
Gegenstände, die heute ausschliesslich von der Stein- und Buch
drucker-Presse geliefert werden, die sich gegenseitig, letztere beson
ders durch den Holzschnitt begünstigt, grosse Concurrenz machen.
Eduard Sieger.