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schäften über Antrag ihres Präsidenten Baumgartner und Professor
Ettingshausen unterstützt, auf das Eifrigste fortgesetzt. Und während
so die Photographie auf Papier sich nach und nach praktisch in Wien
einbürgerte, war Martin’s Repertorium der Photographie das erste
Buch in Deutschland, welches mit uneigennütziger Offenheit alle
selbst gemachten Erfahrungen besprach. Dieser Offenheit verdankt
das Buch seine späteren Erfolge, so dass sechs Auflagen, von denen
fünf Auflagen neue Bearbeitungen waren, während nur eine, einen
Wiederabdruck repräsentirte, erscheinen konnten.
Die Photographen Tanner imd Gerothwohl verkauften ihre
Methode an den rühmlichst bekannten Maler Koberwein, der seine
Erzeugnisse durch seinen kunstvollen Pinsel dem schönen Geschlechte
gefälliger machte und so sich einen bedeutenden Ruf errang. Nach
und nach verwandelten sich alle Daguerreotypie - Ateliers in Ateliers
für Papier-Bilder, was ganz begreiflich ist, da denn doch selbst ein
weniger gelungenes Papier-Bild vor dem hübschesten Daguerreotyp
den Vorzug der Anschaubarkeit hat, indem die Spiegelung der
Metall-Platten jeden künstlerischen Effect stört. Vorzugsweise hatte
man damals mit dem Tone der Bilder zu kämpfen und waren jene
mit schwarzem Tone die gesuchtesten. In diesem Genre arbeitete
besonders Kramolin, der später durch seine Oelgemälde nach Photo
graphien sich in grösseren Kreisen bekannt machte. Gaupmann’s
Atelier rivalisirte mit Koberwein, indem er seine Bilder ebenfalls in
Farben behandelte; dessgleichen arbeiteten Schlossarek und einige
Andere in diesem Genre. Immer war zu jener Zeit noch das Porträt als
solches im Schwünge, das heisst, Aufnahmen in der Grösse von gewöhn
lichen Lithographien oder Miniatur-Gemälden, bis endlich, nachdem
die Erfindung des Collodiums sich eingebürgert hatte, L. Angerer
die glückliche Idee fasste, die sogenannten Visitkarten - Bilder,
welche in Frankreich, wenn ich nicht irre, vonDisderi gewissermassen
erfunden wurden, in Oesterreich einzuführen. Von da an datirt die
noch mehr gesteigerte Theilnahme an den photographischen Erzeug
nissen in Oesterreich. Man erinnert sich gewiss noch recht wohl des
Zudranges zu dem Atelier Angerer und den ihm später ebenbürtigen,
neuentstandenen Ateliers. Wochenlange Vormerkungen waren nötig,