MAK

Volltext: Beiträge zur Geschichte der Gewerbe und Erfindungen Oesterreichs von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart ; Weltausstellung 1873 in Wien ; Erste Reihe: Rohproduction und Industrie

Mode und Geschmack. 
Mode und Cultur, die eine ewig wechselnd, auf und absteigend 
in der Schönheit, die andere im Grossen und Ganzen stetig fort 
schreitend, sie sind dennoch im allerengsten Zusammenhänge. Wer 
der modernen Cultur angehört (wir meinen natürlich die Nation, 
nicht den Einzelnen), der folgt auch der Mode; wer sie zurückweiset 
und starr an einer vermeintlich echten National-Tracht festhält, 
zu dessen Cultur-Zustand setzen wir ein bedenkliches Fragezeichen. 
Die Mode ist das Kleid der Civilisation und ist es immer 
gewesen, seitdem das Völker-Concert Europa’s, also schon seit 
dem Mittelalter, begonnen hat. Wer an der Spitze der Civilisation 
marschirt, der mag auch die Formen der Mode angeben, oder, da 
hier bei der Entstehung der Modeformen noch ganz andere Factoren 
mitarbeiten, wenigstens in ihnen vorangehen. Ohne Frage stand 
Frankreich wirklich eine gute Zeit lang an der Spitze der Civilisation, 
und so hatte es ein Recht, auch die Moden scheinbar vorzuschreiben. 
Man würde aber irren, sie desshalb für eine specifisch französische 
Tracht zu halten, wie etwa ein ungarisches oder polnisches Costüm; 
nur die Spielformen sind es, die kleinen Varietäten, die in Frankreich 
entstanden sind; die Grundformen, den Charakter bestimmt in der 
That und Wirklichkeit die Weltgeschichte. 
Es ist mit dem Geschmack nicht anders, wenn wir den Geschmack 
nicht als die Fähigkeit, das Schöne vom Hässlichen zu unterscheiden, 
auffassen, sondern als die gemeinsame künstlerische Ausdrucksweise 
einer Zeit-Epoche in allen Dingen, wo Schönheit in Frage steht. 
Hieraus geht hervor, dass Oesterreich, im Grossen und Ganzen 
betrachtet, keine eigenen Moden und keinen eigenen Geschmack 
haben konnte. Oesterreich folgt der Cultur und ist beständig der 
selben gefolgt, mitunter allerdings zögernden Schrittes, ein wenig 
nachhinkend, oder auch absichtlich gehemmt, mitunter aber auch
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.