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Volltext: Beiträge zur Geschichte der Gewerbe und Erfindungen Oesterreichs von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart ; Weltausstellung 1873 in Wien ; Erste Reihe: Rohproduction und Industrie

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Kaiserthrones durch Carl IV. den böhmischen Schnurbart auf den 
sonst glatten Gesichtern der abendländischen Kitterschaft in Mode 
brachte. 
Vielmehr gibt im achtzehnten Jahrhundert das National- 
Costüm, wo es noch existirte, sogar den Einfluss der allgemeinen 
Mode zu erkennen, und bekanntlich gehören die meisten sogenannten 
Volks - Trachten der Entstehung nach dieser Periode an. Es ist 
erstaunlich, wie zum Beispiel das ungarische Xational-Oostüm der 
vornehmen Welt um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts nach 
dem Kococo aussieht, dass man nicht weiss, ob der Antheil des 
Nationalen oder des Zopfes daran grösser ist. Selbst die blassen 
Farben des Kococo sind damals von ihm angenommen worden. Und 
prüft man gleichzeitig, in der Zeit Carl’s VI. und der Kaiserin 
Maria Theresia, die vornehmen Trachten und Moden auf österrei 
chischer Seite (ich erinnere zum Vergleiche beispielsweise an die 
Porträt-Gallerie , welche der berühmte Orientalist Hammer-Purgstall 
herausgegeben hat), so ist eben alles die allgemeine Mode, alles 
Kococo. Der Keifroek herrscht so sehr, dass selbst das alte ungarische 
Krönungs-Gewand der Königinnen für die Krönung von Maria 
Theresia der Länge nach aufgeschnitten werden musste, um über 
dem Keifroek Platz zu finden. Im städtischen Bürgerthum war es 
nicht anders: es hielt zwar nicht überall gleichen Schritt mit der 
Mode, aber es folgte hinterdrein, wenn auch in der philisterhaften 
Erscheinung, wie sie dem deutschen Bürger jener Zeit zu eigen war. 
Die nachfolgende Zeit weiset in diesem Verhältniss keine Ver 
änderung auf. Die Kleidung in Oesterreich folgt ohne Zeit-Verlust 
dem Umschwung der Moden, wie er am Ende des vorigen Jahrhun 
derts vom Costüm des Rococo in das Costürn der französischen 
Republik und das des Kaiserreiches stattfand, ohne freilich die Nudi- 
täten und Gräcitäten so weit zu treiben wie in Paris zur Zeit des 
Directoriums, und als mit dem Sturze des Kaiserreiches die Reaction 
in den Moden begann und die Restauration zu den heutigen Mode- 
Formen hinüber leitete, da mochte Wien während des Congresses als 
Sammelpunct aller irdischen Herrlichkeit eine kurze Zeit vorangehen. 
Neues aber oder Originelles schuf es in keiner Weise, sondern blieb
	        
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