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Volltext: Beiträge zur Geschichte der Gewerbe und Erfindungen Oesterreichs von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart ; Weltausstellung 1873 in Wien ; Erste Reihe: Rohproduction und Industrie

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Seite finden, die dem Orte oder Lande der Entstehung, die für 
Oesterreich charakteristisch wäre. Diese Kunst sehen wir mit der 
Gothik, der Renaissance, dem barocken Geschmack und dem Rococo 
gleichen Schritt halten, nur dass vielleicht nach Deutschland zu mehr 
die Schnitzerei, nach Italien zu eingelegte Holz-Mosaik zur Verwen 
dung kommt, jedoch weder das Eine noch das Andere ausschliesslich. 
Hier und da erhebt sich auch wohl in einem einzelnen Kunst-Zweige 
eine Seite des Geschmacks oder des allgemeinen Kunst-Styles zu 
einer, wenn nicht originellen, doch für Oesterreich hervorragenden 
Bedeutung. Solches ereignete sich z. B. in der böhmischen Glas 
industrie wie bei der kaiserlichen Porzellan-Fabrik in Wien. 
Man kann vielleicht sagen, dass im achtzehnten Jahrhundert 
die böhmische Glas-Industrie die Mode angab und dass sie in dieser 
Beziehung an die Stelle der venetianischen trat. Ihre Weise bestand 
in dem facettirten Schliff und mehr noch in den eingesehliftenen 
Ornamenten auf einem möglichst farblos und krystallhell gemachten 
Glase. Die böhmische Glas-Industrie verdankt diese Kunstweise den 
wohl aus Italien gekommenen Krystall-Schleifern zu Prag, die dort 
von dem Ende des 16. Jahrhunderts an unter Kaiser Rudolf und 
seinen Nachfolgern ansässig waren. Das böhmische Glas des 
18. Jahrhunderts ist mit seinem Material und seiner Ornamentations- 
Weise (die Veränderung des Styls abgerechnet) offenbar eine Imitation 
des Berg-Krystalls und seiner künstlerischen Verwertung. Dieser 
Schritt in der Verwandlung des Glases hätte auch in Italien und 
zumal in Venedig, wo die Krystall-Schleifer vor allem heimisch waren, 
geschehen können; aber die Venetianer blieben ihrem geblasenen 
Kunstglas getreu und entarteten und verkamen darin. 
Auch die böhmische Glas-Industrie entartete gegen Ende des 
achtzehnten Jahrhunderts in ihrer eigenen Weise, nicht blos, weil 
der Geschmack sich änderte, sondern auch weil überhaupt die orna 
mentale Kunst aller Orten versank. Da versuchten es die Böhmen, 
mit einer anderen Manier sich auf dem Kampfplatz zu behaupten, 
nämlich mit dem farbigen oder gefärbten Glas, in welchem wiederum 
durch Schliff, durch Ausschleifung die Ornamentation hergestellt war. 
Weil nun damals in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts alle Welt
	        
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