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Volltext: Beiträge zur Geschichte der Gewerbe und Erfindungen Oesterreichs von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart ; Weltausstellung 1873 in Wien ; Erste Reihe: Rohproduction und Industrie

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in der Verderbniss des Geschmackes sich befand, so gelang es ihnen 
wirklich mit diesem Material, das sehr populär wurde, in Wirklichkeit 
aber ganz ordinär war und vor einer Kunst-Kritik in keiner Weise 
bestehen konnte. Seine Stunde musste also geschlagen haben, sobald 
ein neuer richtiger Kunst-Geschmack wieder aufkam und das ist in 
der Gegenwart geschehen. Heute hat zumTheil England, zum Theil 
Frankreich die Führung übernommen, und da diese Führung mit 
in der Kunstrichtung der alten Krystall-Gefässe liegt, so kann die 
böhmische oder überhaupt die österreichische Glas-Industrie der 
Gegenwart nichts Besseres thun, als ihre eigene Weise aus dem 
achtzehnten .Jahrhundert zum Mittelpunct ihrer künstlerischen Bestre 
bungen zu machen, sie von dem Rococo zu entkleiden und sie in 
Form und Ornament zur reinsten und höchsten Vollendung zu führen. 
Auf diesem Wege sind auch bereits die schönsten Anfänge gemacht 
worden. 
Gerade zu der Zeit, als das böhmische Krystall-Glas am tiefsten 
gesunken war, etwa seit dem Jahre 1790, hatte die Wiener Porzellan- 
Fabrik auch künstlerisch eine eigenthümliche Blüthe, die sie für die 
kurze Periode von zwanzig Jahren wohl zur ersten unter allen 
rivalisirenden Fabriken machte. Wir können die Geschichte dieser 
Manufactur künstlerisch, wie in jeder anderen Beziehung, auf das 
Genaueste verfolgen und finden bis zu jener Zeit oder wenige Jahre 
vorher, als sie unter die Leitung Sorgenthal’s kam, dass sie in keiner 
Weise nach origineller Bedeutung strebte. Indirect von Meissen aus 
gegründet, trachtete sie stets (fieser berühmten Fabrik nachzukommen 
und es ihr gleich zu thun. So folgte sie dem Wandel, der mit der 
Nachahmung des ost - asiatischen Porzellans begann, sodann im 
Rococo schwelgte und von diesem in den Styl Louis XVI. und in 
die pompejanische Antike überging. Gerade aber in dieser letzteren 
Art der Ornamentation, wie sie aus den reizenden Verzierungen in 
den Häusern Pompeji’s hervorging, brachte es die Wiener Fabrik zu 
einer Zierlichkeit und Schönheit, zu einem Reichthum, selbst zu einer 
gewissen Originalität der Motive, worin sie ohne Frage den anderen 
Fabriken voranstand und die Führung des Geschmacks übernahm. 
Sie hatte damals auch eine technische Ornamentations-Weise, das
	        
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