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An dem Mangel eines rascheren und allgemeineren Fortschrittes
der Zier - Gärtnerei in Oesterreich tragen vor Allem die geringe
Schulbildung, die daraus resultirende Unlust ältere Culturmethoden
gegen neuere und bessere zu vertauschen, und das geringe Verständ-
niss für mercantile Speculation Schuld. Diesem Grundübel nach Mög
lichkeit entgegen zu wirken, ist gegenwärtig die Hauptaufgabe der
Gartenbau-Gesellschaft geworden, und Zweck ihrer vor wenigen Jahren
in’s Leben gerufenen Gärtnerschule, der ersten dieser Art in Wien.
Die Cultur feinerer Gemüsesorten wird hier zu Lande noch in sehr
bescheidenem Maasse betrieben und selbst die gewöhnliche Markt-
Waare steht der in manchem anderen Lande bedeutend nach, obgleich
manche der hiesigen Erzeugnisse, wie der Wiener Glaskohlrabi, die
Salate u. dgl. sich seit Jahren eines besonderen Rufes im Auslande
zu erfreuen haben. Schuld an dem Zurückbleiben dieses Zweiges der
Gartenkunst tragen abgesehen von den die Anzucht mehrerer Gemüse-
Arten im Grossen ungemein erschwerenden klimatischen \ erhältnissen,
der geringe Grad von Bildung der sich mit diesem Zweig derBoden-
Cultur beschäftigenden Gärtner und ihres Betrieb-Personales, vor
allem aber die Hauptmasse der Consumenten selbst, welche von den
nichtigsten Vorurtheilen erfüllt, am Alten hängend, nicht selbst prüfend
und wissend, der ordinärsten Marktwaare ihrer Billigkeit halber nach
laufen und die besseren neueren Sorten bei Seite Kegen lassen und
so es selbst verschulden, wenn der Producent aus Mangel an hinrei
chendem Absatz die Cultur der feineren Sorten nachgerade autgibt.
Anders verhält es sich allerdings in den Privatgärten vieler Grund-
Besitzer, oder in einigen Handels-Gärtnereien, welche nur für Hotels
und grosse Häuser feine Waare ziehen.
Die Samen-Production in Oesterreich liegt noch sehr im Argen
und wird noch so lange unbedeutend bleiben, bis nicht intelligente
Grossgrund-Besitzer sie in ihre Hand nehmen.
In der Landschafts-Gärtnerei zeigen sich in jüngster Zeit erfreu-
Kche Bemühungen, sie wieder zu beleben, namentlich seitdem die
Commune Wien fördernd diesem Zweige der Horticultur unter die
Arme griff.
Dr. Fenzl.