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Wenn wir fünfzig Jahre zurückgreifen, so stossen wir nur auf
vereinzelte, schüchterne Versuche, mit Torf die Stube zu heizen oder
damit den Kochherd zu versorgen; in den Gewerben speiste man die
Feuerungsanlagen fast durchwegs noch mit Holz. Oesterreichs reiche
Waldbestände und späterhin die Aufschlüsse mineralischer Kohle
standen einer häufigen Anwendung von Brenntorf entgegen. Die
geringe Transport-Fähigkeit und der wechselnde Heiz-Effect waren
ebenfalls nicht geeignet, die Schranken zu durchbrechen, welche tief-
gewurzelte Vorurtheile zusammen mit den primitiven Feuerstellen
dagegen aufrichteten. Nur hie und da drückte die zwingende Noth
einem Torfgräber den Spaten in die Hand.
Mittlerweile traten schon einige fürsichtige Männer hervor,
weiche sich von den unleugbaren Uebelständen und vorgefassten
Meinungen nicht abschrecken Messen, ihren ganzen Einfluss aufzu
wenden, dem missachteten Torf immer mehr Eingang in Haushal
tungen und Gewerben zu verschaffen.
Die brennstoff-verzehrenden Industrialien, zumal die Eisenwerke
und die Glas-Manufacturen, waren es zuvörderst, welche aus der
Not eine Tugend machten und sich allmälig mit diesem Holz-Sur
rogate befreundeten. Die zunehmende Lichtung der Alpenforste
brachte so manchen Eisen-Hammer zum Verstummen, so manchen
Hochofen zum Verlöschen. Glücklicherweise lagen oft hart an den
gefährdeten Etablissements die völlig unbeachteten Torfschätze, an
deren Ausbeutung man nun ernstlich Hand anlegte, was allerdings
in der ersten Zeit in ziemlich unbeholfener Weise geschah.
Während in Holland das Baggern des Schlammtorfes und in
Hannover das Backen des Banktorfes mehr im Gebrauche stand und
noch steht, kam in Oesterreich fast allgemein der Stichbetrieb mit
Lufttrocknung in üebuug. Vorerst wird das ürmoor nach Thunlieh-
keit abgezapft, und das Krüppelholz abgeräumt. Im Hochmoor nimmt
man den Torf horizontal mit dem Grabscheit ab, wogegen in den
Flachmooren die verticale Stich-Methode sich einbürgerte. Hin und
wieder wurde auch die Torfmasse geknetet und nach Art des Ziegel-
Schlags in Model gestrichen, wornach man den sogenannten Streich
oder Modeltorf gewann.