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Volltext: Beiträge zur Geschichte der Gewerbe und Erfindungen Oesterreichs von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart ; Weltausstellung 1873 in Wien ; Erste Reihe: Rohproduction und Industrie

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Wenn wir fünfzig Jahre zurückgreifen, so stossen wir nur auf 
vereinzelte, schüchterne Versuche, mit Torf die Stube zu heizen oder 
damit den Kochherd zu versorgen; in den Gewerben speiste man die 
Feuerungsanlagen fast durchwegs noch mit Holz. Oesterreichs reiche 
Waldbestände und späterhin die Aufschlüsse mineralischer Kohle 
standen einer häufigen Anwendung von Brenntorf entgegen. Die 
geringe Transport-Fähigkeit und der wechselnde Heiz-Effect waren 
ebenfalls nicht geeignet, die Schranken zu durchbrechen, welche tief- 
gewurzelte Vorurtheile zusammen mit den primitiven Feuerstellen 
dagegen aufrichteten. Nur hie und da drückte die zwingende Noth 
einem Torfgräber den Spaten in die Hand. 
Mittlerweile traten schon einige fürsichtige Männer hervor, 
weiche sich von den unleugbaren Uebelständen und vorgefassten 
Meinungen nicht abschrecken Messen, ihren ganzen Einfluss aufzu 
wenden, dem missachteten Torf immer mehr Eingang in Haushal 
tungen und Gewerben zu verschaffen. 
Die brennstoff-verzehrenden Industrialien, zumal die Eisenwerke 
und die Glas-Manufacturen, waren es zuvörderst, welche aus der 
Not eine Tugend machten und sich allmälig mit diesem Holz-Sur 
rogate befreundeten. Die zunehmende Lichtung der Alpenforste 
brachte so manchen Eisen-Hammer zum Verstummen, so manchen 
Hochofen zum Verlöschen. Glücklicherweise lagen oft hart an den 
gefährdeten Etablissements die völlig unbeachteten Torfschätze, an 
deren Ausbeutung man nun ernstlich Hand anlegte, was allerdings 
in der ersten Zeit in ziemlich unbeholfener Weise geschah. 
Während in Holland das Baggern des Schlammtorfes und in 
Hannover das Backen des Banktorfes mehr im Gebrauche stand und 
noch steht, kam in Oesterreich fast allgemein der Stichbetrieb mit 
Lufttrocknung in üebuug. Vorerst wird das ürmoor nach Thunlieh- 
keit abgezapft, und das Krüppelholz abgeräumt. Im Hochmoor nimmt 
man den Torf horizontal mit dem Grabscheit ab, wogegen in den 
Flachmooren die verticale Stich-Methode sich einbürgerte. Hin und 
wieder wurde auch die Torfmasse geknetet und nach Art des Ziegel- 
Schlags in Model gestrichen, wornach man den sogenannten Streich 
oder Modeltorf gewann.
	        
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