MAK
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VORWORT 
Obwohl die Auswanderung von Europäern 
nach Amerika seit dem 16. und 17. Jahr 
hundert nie abgerissen ist, ist die amerika 
nische bildende Kirnst doch in weiten 
Strecken ihres Gebietes eigene Wege ge 
gangen. Wenn es dabei sicher auch viele 
Kunstwerke gibt, die sich in die europäische 
Kunstentwicklung einschließen lassen, so ist 
das Bedeutende und Fesselnde an der 
primitiven amerikanischen Malerei, daß sie 
vom 17. Jahrhundert bis heute von den 
Katastrophen und Problemen der europäi 
schen Malerei völlig unberührt blieb. Es 
handelt sich hiebei auch nicht um Maler, 
die den für Europa normalen Werdegang 
eines Malers gegangen sind, die Akademien 
absolvierten, oder zumindest in Museen 
und Ausstellungen oder durch persönlichen 
Kontakt mit bahnbrechenden Künstlern die 
verschiedensten Richtungen des Bildaus 
druckes sehen konnten, sondern vor allem 
um Künstler, die nicht Maler von Beruf 
sind, sondern allen möglichen verschiede 
nen Berufsgruppen zugehören, die nur 
„nebenher“ malen und dabei von der Ab 
sicht erfüllt sind, völlig unbeeinflußt und 
unvoreingenommen das Gesehene im Bilde 
festzuhalten, so gut es eben geht. Ja selbst 
dieses „unvoreingenommen“ und „unbeein 
flußt“ ist ihnen dabei sicherlich nicht be 
wußt gewesen. Sie haben nicht absichtsvoll 
„primitiv“ gemalt wie einige in Europa, 
sondern sie haben über Malerei wie diese 
sein soll oder könnte sicherlich überhaupt 
nicht nachgedacht, wenn sie auch auf der 
Situation der europäischen Kunst ihrer Ein 
wanderungszeit fußten. Das Interessante 
und Wichtige für uns ist aber, daß dabei 
kein platter Naturalismus entsteht, nicht 
ein Bild, von dem man sagen könnte: „Vom 
Photographen höchst eigenhändig kolo 
riert“, sondern ein sicheres Hinsteuem auf 
das Wesentliche der jeweiligen Erschei 
nung, also ein Wille zur Expression. Wichtig 
ist aber ebenso, daß dabei keine Formauf 
lösung und kein Formzerfall, keine Zer- 
hackung, Geometrisierung oder Ornamen- 
talisierung entsteht, sondern daß, in, fast 
könnte man sagen, kindlicher Weise das 
Gesehene doch immer leicht erkennbar ge 
zeigt werden soll. Die Probleme, die wir 
hier in Europa durchgemacht haben, liegen 
dabei weit abseits dieses Weges. Die Krise 
der Weltansicht und -darstellung im Bilde, 
die etwa von Cezanne über Van Gogh zu 
Picasso führt, ist für diese Maler nicht ge 
wesen und hat sich mit all ihrer Wucht und 
Größe in einem Raum abgespielt, von dem 
kein leiser Ton in diesen anderen hinüber 
drang. Es wäre ja denkbar, daß etwa in 
religiöser Volksmalerei Europas in einigen 
Gegenden sich eine ähnliche Unberührtheit 
der Darstellungsgesinnung erhalten hätte. 
Aber hier wäre das ein nicht beachteter 
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