MAK
steht eine grundlegende Verwandtschaft 
zwischen der derben, einfallsreichen und 
eigenwilligen Art des damaligen amerikani 
schen Künstlers und dem Gesamtcharakter 
der jungen Nation. Auch die primitiven 
Maler des heutigen Amerika weisen in 
ihrem Stil diese gemeinsamen Züge auf. 
Die Beispiele früher amerikanischer Male 
rei, die in dieser Ausstellung gezeigt werden, 
sind alles Werke von Künstlern, die man 
abwechselnd als Volksmaler und Amateure, 
als provinziell, bäuerlich, primitiv oder naiv 
bezeichnet. All diese Namen umschreiben, 
zusammengenommen, annähernd das We 
sen der Künstler, wann, wo und wie sie ge 
arbeitet haben. Vor allem war keiner Maler 
von Beruf. Es waren Handwerker, Wagen- 
und Schildermaler, Anstreicher, Farmer, 
Seeleute, Prediger, junge Damen und Haus 
frauen. Lauter anspruchslose, alltägliche 
Menschen, die auf eine grade und unge 
suchte Weise für die Leute in der Nachbar 
schaft malten, oft auch nur zum eigenen 
Vergnügen. Beinahe alle Bilder sind un- 
signiert, ihre Erzeuger dachten nicht an den 
Ruhm der Nachwelt. 
Es ist interessant, diese anfängliche Namen 
losigkeit des Künstlers mit der Entwicklung 
zu vergleichen, wie sie um fast sechshundert 
Jahre früher in Europa stattfand. Der Be 
griff der Künstlerpersönlichkeit ging in der 
Renaissance allmählich aus der Anonymität 
des mittelalterlichen Handwerkers hervor. 
Auch im frühen Amerika war zwischen dem 
Handwerker und dem Künstler keine scharfe 
Unterscheidungslinie. Doch liegt ein wesent 
licher Unterschied in der Kunstentwick 
lung beider Kontinente darin, daß der bil 
dende Künstler in Amerika von Anfang nur 
auf sich selber angewiesen war, er wurde 
weder von der Kirche, noch vom Hof, noch 
von einzelnen kunstliebenden Gönnern ge 
fördert. Sein Weg war ein demokratischer. 
Der Maler in Europa war, wie jeder andere 
Handwerker, in eine Gilde eingereiht, er er 
lernte sein Fach in Schulen und als Lehrling 
anerkannter Meister. In Amerika mußten 
die in verstreuten Siedlungen lebenden 
Maler ihre eigenen Versuche anstellen, um 
das nötige Wissen in der Malerei zu erwer 
ben und schufen sich ihren eigenen Stil und 
ihre persönliche Technik mit dem sprich 
wörtlichen „Erfindergeist des Yankee“. Hier 
aus erklärt sich auch die auffallende Vielfäl 
tigkeit in der Gruppe primitiver Bilder, die in 
der gegenwärtigen Ausstellung zusammen 
gebracht worden sind; keine zwei gleichen 
einander, wenige sind sich auch nur ähnlich. 
Ihre Schöpfer waren Pioniere, die sich so 
wohl in der Kunst wie im täglichen Kampf 
um die Existenz eigene Wege bahnen muß 
ten. Die als Neu-England bekannten Staaten 
der Ostküste, sowie Pennsylvania, New York 
und New Jersey waren damals die Mittel 
punkte für Handel, Gewerbe und Hand 
werk, und aus den kleinen ländlichen Ge 
meinden dieser Gegenden stammen die 
meisten der frühen primitiven Maler. So 
war denn auch ihre Kunst eine ländlich 
einfache, unverbildete, im Gegensatz zu der 
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