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Gerhart Egger 
BEMERKUNGEN ZUR NATURWISSENSCHAFT DER RENAISSANCE 
In der Mitte des 3. vorchristlichen Jahrhunderts gründete der König Ptolemaios 
Philadelphos in der neuen Stadt Alexandria das Museion als Bibliothek und wissen 
schaftliches Institut. Er verschaffte damit den Gelehrten der alten Welt eine neue 
Forschungsstätte, wie sie vorher nie so umfassend existierte, und gab damit der 
Wissenschaft ein neues Zentrum. Die Lage dieses Institutes war ideal: zugänglich 
von Griechenland wie von Ägypten und dem Vorderen Orient, an der Küste des 
Mittelmeeres wie an der Mündung des Nil. Durch Jahrhunderte hindurch blieb 
dieses Institut der Zielpunkt der Gelehrten aller Völker der Antike. In der Bibliothek 
des Museions wurden alle erreichbaren Schriften zur Wissenschaft der früheren 
Generationen gesammelt und verarbeitet. Aber auch für weit spätere Zeiten blieb 
die Wissenschaft von Alexandrien Grundlage und Voraussetzung. Vor allem die 
arabischen Naturgelehrten des Mittelalters verwendeten die Ergebnisse alexandrini- 
scher Forschung und gaben diese an die abendländische Scholastik weiter. Bei uns 
aber wurde auf vielen Gebieten die Forschung der Gelehrten des Museions besonders 
bedeutend, seit man sich in der Zeit der Renaissance darum bemühte, die Überlegungen 
der Antike neu zu beleben, wieder aufzunehmen und an sie anzuschließen. Das 
grundlegende System der antiken Wissenschaft aber war ein anderes als das unsrige 
heute. Der entscheidende Unterschied liegt wohl darin, daß die Antike einen 
universalistischen Zusammenhang aller Disziplinen mit der Religion sah und die 
„exakten“ Disziplinen nicht von den spekulativen trennte. Daher standen auch 
Beobachtung und Theorie über das Wesen der Natur und die großen und kleinen 
Erscheinungen unserer Umwelt mit den Göttern, ja sogar dem Gottesdienst in 
engster Verbindung. So wie der große Arzt der sagenhaften Vorzeit, Asklepios, 
später als Gott erscheint, war sein Nachfolger Hippokrates sein Priester, und die 
Heilkunde, die er lehrte, eine Heilkunst, die göttliche Heilung vermitteln sollte. 
Ebenso wurden die anderen Wissenschaften der Natur als Künste aufgefaßt, die 
vom Göttlichen ausgehen, und die wissenschaftlichen Institutionen waren den Göttern 
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