MAK
Kompliziertere Formen, für die die täglichen Mittel und Werk 
zeuge des Glasbläsers nicht ausreichen, werden in Formen geblasen, 
wie etwa das Quadermuster einer Vase (Abb. 36), der trauben 
förmige Kelch eines Pokals (Abb. 32) oder die Maskerons, Blätter und 
Buckel von Vasen (Abb. 30, 44). Doch nehmen diese Formen im 
CEuvre Venedigs einen verhältnismäßig geringen Raum ein. 
Zusätzliche Arten der Glasveredelung, die nicht notwendigerweise 
mit den Glashütten selbst in Verbindung stehen mußten, sind das 
Reißen mit dem Diamanten (Abb.45,46) und die kalte Bemalung. Die 
kalte Bemalung ist auf Schalen und Schüsseln beschränkt, wo sie auf 
der Unterseite der Bodenfläche angebracht ist. Da die Farbe leicht 
abblättert, haben sich Stücke mit solchem Dekor nur in geringer Zahl 
erhalten. Diese Schalen wetteifern mit den bunten Majoliken der Re 
naissance und haben neben den bildlichen Darstellungen einen reichen 
Golddekor aufzuweisen. 
Von dem Bankett, das 1581 zur Feier der fürstlichen Hochzeit in 
Mantua stattfand, versichert der Venezianer Vincenzo Cervio: ,,tutte 
le signore convitate doppo che avevano bevuto rompevano il bicchiere 
che tenevano in mano per segno di grande allegrezza“. Also damals 
schon sorgte die „große Munterkeit“ der Trinker, die ihre Becher zer 
brachen, für die Belebung des Absatzes. Die Archive Venedigs ver 
halten sich recht schweigsam über die Glasmacherkunst in ihrer Blüte 
zeit, sie liefern kein nennenswertes Material über diesen bedeutenden 
Zweig venezianischer Kunstübung. Zwei Familien werden als Besitzer 
von Glashütten schon im 15. Jahrhundert angeführt; die Berovieri: 
Angelo Berovieri, dem die Glashütte zum Engel gehörte, dessen Sohn 
Marino 1468 Innungsmeister war; ferner die Ballerini, die aus der 
Glashütte der Berovieri hervorgegangen sind. Von vierundzwanzig 
Glashütten auf Murano berichtet zu Beginn des 16. Jahrhunderts der 
Bologneser Mönch Leandro Alberto. Schon um die Mitte des 16. Jahr 
hunderts klagen die Glasmacher, daß die Hütten mehr als zwei Monate 
ohne Arbeit seien, und der Rat der Zehn verfügte daraufhin, daß die 
Glasmacher aus dem Ausland heimzukehren hätten und daß keine 
Ausländer in den Werkstätten von Murano beschäftigt werden dürf 
ten. Wohl gibt es Glasgefäße, die die Patrizier nördlich der Alpen in 
Venedig bestellten und mit ihren Wappen versehen ließen (Abb.47, 48). 
Aber immer mehr häufen sich die Nachrichten von Glashütten in den 
Alpenländern und nördlich der Alpen, die von italienischen Glas 
machern gegründet und betrieben wurden; die strengsten Gesetze 
konnten keine Abhilfe schaffen. Venezianer, die Glashütten gründeten, 
gab es im 15. Jahrhundert in Wien (Venediger Au!), im 16. Jahrhun 
dert in Laibach, München, Kassel, Antwerpen, Amsterdam, Poitou, 
Fosse de Nantes, Locarno, London; überallhin schwärmen die Vene 
zianer Glasmacher aus, überall werden mehr oder weniger kurzlebige 
„Cristallin Glashütten“ gegründet, deren Erzeugnisse in den Anfängen 
von denen Venedigs sicherlich nicht unterscheidbar waren; erst in der 
weiteren Entwicklung, falls ihnen eine solche beschert war, bildeten 
sie eine Eigenart aus. Ein Gegenstück dazu bietet das Verlangen nach 
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