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♦ Fig. 63. (Brünn.)
charakterisirt, dass der Fass zierlich erhaben und secks-
oder mehrblättrig gegliedert , der Schalt schlank , mit
einem Nodus geziert, der gleich der Fussplatte sechs
oder mehrseitig construirt ist. Die Cuppa läuft nach ab
wärts eiförmig zu, im weiteren Verlaufe der Gotliik
ändert sich diese Form und erscheint der Boden fast
halbkugelförmig construirt, dagegen die Wände gerad
linig zulaufen. Der untere Theil der Cuppa wurde mei
stens reich geziert, desgleichen und vornehmlich in der
Spätgothik der Nodus, der oft zu einem förmlichen
Capellenbau mit Spitzbogenfenstern und Fialen ent
artete. Der Fuss des erwähnten Kelches ist in Form
einer sechsblättrigen Rose angelegt und misst in seiner
grössten Ausladung 4" 8'". Über dem die Unterlage
der Fussfläche bildenden glatten Rande von einfacher
Profilirung befindet sich eine kunstreich durchbrochene
Gallerie, aus Vierpass- und Fischblasen-Mustern zu
sammengesetzt. In den Einschnitten zwischen den ein
zelnen sechs Blättern des Fusses ist ein schön stylisir-
tes, etwas heraustretendes Blatt-Ornament angebracht.
In jedem der sechs Felder des Fusses, die eine glatte
Wulst als Cordonirung haben und schmäler werdend
am Schafte bis zum Nodus emporsteigen, zeigen sich
auf alternirend dunkelblauem und dunkelgrünem Email
grunde Relief-Darstellungen, umgeben von Laubwerk
mit Blättchen- und Blüthen-Bildungen. Die Darstellun
gen sind: die Krönung Mariens, die heilige Katharina,
der heilige Blasius, der heilige Nikolaus, Kaiser Hein
rich II. und dessen Gemahlin Kunigunde. In dem ziem
lich steil ansteigenden Schafte des Fusses endigen die
besagten sechs Felder mit einem kleinen Giebel und die
dazwischen laufenden Theilungswulste mit einer leich
ten Fiale. Dasselbe System der plastischen Ornamen-
tirung findet sich an dem im Sechseck construirten,
stark vorspringenden Nodus, der oben und unten zur
leichteren Handhabung etwas platt gehalten ist und
correspondirend mit der Feldertheilung des Fusses sechs
ziemlich weit vorstehende auf die Spitze gestellte Qua
drate zeigt, die mit Glaspasten ausgefüllt sind. Ent
sprechend den sechs Feldern des Ständers erscheinen
auf beiden Seiten des Nodus sechs blätterartig auflie
gende Schildchen, die abwechselnd Weinranken und
Engelsköpfe auf blauem und grünem Emailgrunde ent
halten. Diese Blättchen sind mit einer zarten gereiften
wulstartigen Cordonirung umgeben. Zwischen diesen
Schildchen erscheinen überdies ober und unter dem
Nodus noch kleine spitzige blau emailirte Blätter. Uber
dem Nodus setzt sich der, neuerdings mit kleinen Spitz
bogen-Giebeln verzierte sechsseitige Stiel noch etwas
fort und dient als unmittelbare Unterlage der darauf be
festigten nach unten eiförmigen Cuppa, die eine Höhe
von 4" 8"' hat und im Durchmesser des Randes 4" 2'"
misst. Der untere Theil der Cuppa ist, gleich den Aussen-
blättern eines Blumenkelches von reichen nach oben hin
allmählig abnehmenden Verzierungen umgeben, welche
aus zwei Bändern mit Schilfblättern ähnlichen Pflanzen-
Ornamenten, das untere auf grünem, das obere auf
blauem Grunde, und aus einem darauf gestellten und bis
zur Mitte der Cuppa reichenden, mit Rubinen und Perlen
besetzten Lilienbande bestehen (Fig. 55). Was die Ent
stehungszeit dieses aus dem Stifte St. Blasius im Sch warz-
wald stammenden Kelches betrifft, so dürfte er wohl dem
Ende des XV. oder Anfänge des XVI. Jahrhunderts ent
stammen. (Siehe Mitth. d. Cent. Comm. X., p. 109.)
In der Kirche zu Maria Saal in Kärnten wird ein
sehr schön ciselirter Kelch mit eingravirten figuralischen
Darstellungen, sowohl an der Cuppa, als amFusse aufbe
wahrt (Nr. 196). Derselbe, aus Kupfer und vergoldet
hat die ungewöhnliche Höhe von 9'/*"; aut den sechs
Flächen des Fusses sind Wappen angebracht , die
aufsteigenden Flächen schmücken eingravirte Blatt-
Ornamente. Die 41/*" hohe Cuppa zeigt ebenfalls ein-
gravirt: die gekrönte Jungfrau mit dem Kinde , umge
ben von dem heiligen Joseph, Barbara, Mathias, Ka
tharina, Johannes, Ambros, Petrus, darüber auf einem
Bande die folgende Aufschrift: Maria.hilf.mir. Jörgen .
Ungnaden . und . allen . mein . farfardern . und . nach-
kommen . amen . anno i. c. 1466. (S. Mitth. d. Centr.
Comm. XIII. und Fig. 56.)
Fig. 64. (Melnik.)