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sei noch jener Aufsatz erwähnt, welcher in dem Jubiläumswerke des Wiener
Gemeinderathes die Kunstindustrie der Haupt- und Residenzstadt Wien während
der vierzigjährigen Regierungsperiode des Kaisers Franz Joseph darstellt *).
Diese früheren Berichte, insbesondere jene Festschrift vom Jahre 1873,
überheben uns der Aufgabe, von den Zwecken und Zielen des Museums und
der Kunstgewerbeschule, sowie von der Organisation beider Institute eine Dar
stellung zu geben. Wir setzen sie als bekannt voraus, oder verweisen auf die
Festschrift. Nicht so ist es der Fall mit der Geschichte des Museums. Wenn wir
unsere eigentliche Aufgabe in ihrer Darstellung seit dem Jahre 1873 sehen,
müssen wir doch des Zusammenhanges, der consequenten Folge wegen, wie
Eines aus dem Andern wächst, beständig Neues zum Bestehenden sich hinzu
gesellt, auch das Vorausgegangene recapituliren, ja bis auf die Entstehung und
Gründung zurückgehen. Wir wollen uns dabei an das Thatsächliche halten, ohne
alle Motive, welche zur Gründung führten, und den oftmals geschilderten Zustand
der Dinge in Sachen des Geschmacks zu jener Zeit noch einmal darzulegen.
Es war im Sommer des Jahres 1862, als der damalige Ministerpräsident
Seine kaiserl. Hoheit Erzherzog Rainer, der sich in London zum Studium der
Ausstellung befand, dort dem Professor der Kunstgeschichte an der Wiener
Universität Rudolf v. Eitelberger seine Wahrnehmungen über das South-
Kensington-Museum mittheilte, -die Gründung eines ähnlichen Instituts in Wien
anregte und Eitelberger mit der Ausarbeitung eines Promemoria beauftragte.
Eitelberger entledigte sich dieses Auftrages sofort nach seiner Heimkehr im
August des Jahres 1862. Er hatte den Gedanken mit der Lebhaftigkeit seines
Temperaments und der Raschheit und Klarheit seiner Auffassung ergriffen und
in jenem Promemoria die Grundzüge gegeben, welche in der That diejenigen des
Oesterreichischen Museums geworden und geblieben sind. Der Plan fand die Zu
stimmung des Herrn Erzherzogs, danach diejenige des Herrn Ministers von
Schmerling, und nach geschehenem Vor trage auch diejenige Seiner Majestät
des Kaisers. In Folge dessen erschien am 7. März 1863 ein Handschreiben des
Kaisers, welches die Gründung eines solchen der österreichischen Kunstindustrie
gewidmeten Museums anbefahl und zu den Vorarbeiten ein Comite ernannte,
bestehend aus dem Sectionschef v. Lewinski als Vorsitzendem, dem damaligen
Ministerialrath Gustav Heider, dem kaiserl. Schatzmeister J. G. Seidl und dem
*) Wien 1848—1888. II. Band, Die Kunstindustrie von J. v. Falke.