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Drognenzweige bediensteten. Im tveiteren Sinne bezeichnet der Vvlksmund nrit dem
Worte die ganze Classe der bei den Magazinen beschäftigten weiblichen Arbeitskräfte,
wenngleich viele von ihnen — denn auch dieser Stand hat seine Abstufungen — den
Namen Sessolotte nicht für recht geziemend halten und sich lieber nach ihrer besonderen
Beschäftigung Sponsere (Schwammarbeiterinnen), lümcmisrs (Limonienarbeiterinnen)
oder ganz allgemein ,Oxsiais" nennen. Ein großer Theil dieser Mädchen arbeitet nicht
in den Magazinen selbst; nur jene Beschäftigungen, die durch die Ranmverhältnisse, die
Benützung eigenartiger Vorrichtungen oder die Nothwendigkeit von Anleitung und Aufsicht
an die Magazine gebunden sind, werden dort vorgenommen. Sonst bekommt jede Sessolotta
ihren Theil in einem Sack zugewiesen und begibt sich dann nach Hanse, um im Verein
mit ihren Angehörigen die Arbeit durchzuführen. Am Morgen sieht man daher oft vor
den Magazinen ganze Reihen von Arbeiterinnen, und da sich häufig mehr Bewerberinnen
einfinden, als der Nachfrage entspricht, die Zuletztkommenden also leer ausgehen, so fehlt
es nicht an Streitigkeiten um die Rangfolge.
Ihre äußere Erscheinung ist nicht so in die Augen fallend wie die der L-artorella.
Nur lebt sie gern auf gutem Fuß, das heißt, sie verwendet einen für ihre Verhältnisse
nicht unbedeutenden Betrag auf ein schönes Schnhwerk. Vielleicht veranlaßt gerade der
Umstand, daß die Sessvlotta oft genöthigt ist, sich bei der Arbeit der unschönen /almlo
(roher pantoffelartiger Halbschuhe) zu bedienen, sie dazu, sich an Sonntagen dafür schadlos
zu halten. Sonst ist ihre Tracht einfach, die Kleider, meist aus Hellen Stoffen, haben
keinen feinen Schnitt und die Frisuren sind im Gegensatz zu dem aufgethürmten Bau der
Sartorelle schlicht. Es steckt überhaupt in ihnen viel mehr Unmittelbares, Urwüchsiges.
Die Sessolvtta ist derb, und wenn gereizt, um Kraftworte nicht verlegen, aber gutmüthig
und ihrem Manne oder Freunde treu ergeben, arbeitsam und von einer fast unglaublichen
Genügsamkeit.
Die Sessolotte wohnen vorzugsweise in der Rena und in S. Giaevmo. An Sonntag
nachmittagen stehen oft ihrer viele vor einzelnen Häusern beisammen oder gehen in Reihen
durch die Gassen, miteinander lebhaft sprechend oder Lieder singend. Denn die Sessvlotta
ist noch sangeslustiger als ihre vornehmere Schwester, die Sartorella, sie ist zugleich die
eigentliche Pflegerin des Volksliedes, während jene den Opernarien den Vorzug gibt.
Mit der Triester Volkspoesie ist es allerdings in einer Beziehung übel bestellt. Ein
Volkslied, das nicht nur allgemein verbreitet ist, sondern auch dauernd fortlebt, das, von
einem Geschlecht zum anderen übergehend, gleichsam zum geistigen Hausrath derselben,
gehört, fehlt hier. Das rasch pulsirende Leben der Handelsstadt äußert sich auch im raschen
Verbrauche der Lieder. Ein findiger Kopf hat zu neuer leicht sangbarer Melodie ein
Liedchen ausgeheckt, das entweder allgemeiner Natur ist, der Liebe Freude und Leid