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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Kärnten und Krain

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in langem bis an die Knöchel reichendem Unterkleid und gebauschtem Oberkleid, das um 
die Hüften mit einem Riemen gegürtet und an den Schultern mit überaus großen Nadeln 
zusammengehalten wird. Breite Bänder zieren die Arme. In den Händen hält es ein 
Schmuckkästchen, das gewöhnliche Attribut der Frauen auf norischen Grabmonumenten, 
und einen großen runden metallenen Spiegel, in dem zur Abwehr bösen Blickes eine 
Gorgomaske eingeritzt ist. Nicht selten führen uns Grabsteine — so ein besonders merk 
würdiger an der Kirche zu Lendorf — die noch reichere Tracht der Matrone vor. Hohe 
kegelförmige Hüte, von denen lange Schleier bis zur Taille herabhängen, gedrehte Reifen 
aus Metall um den Hals, lange Ketten und große Scheiben an der Brust, nnproportionirt 
lange Fibeln an der Schulter, wie sie auf dem Zollfeld und Magdalenaberg in großer 
Anzahl gefunden wurden, dies alles zeigen diese, in künstlerischer Hinsicht meist so kümmer 
liche Porträts mit peinlicher Ausführlichkeit, die deutlich beweist, welch hohen Werth man 
auf die treue Wiedergabe des in seiner Überfülle sich kaum genügenden Zierats gelegt hat. 
Sie entbehren gegenwärtig nur der Farbe, um eine völlig genaue Vorstellung der einstigen 
Landestracht zu geben. Weit entfernt, römischem Brauche nach und nach zu weichen, scheint 
sie sich in späterer Zeit, in welcher elastischer Formensinn dem Andrange barbarischen 
Ungeschmacks sich nicht mehr zu erwehren vermochte, selbst nach auswärts verbreitet zu 
haben. Wenigstens wird im Edict, in dem Kaiser Diocletian 301 die Preise der in seinem 
Reiche gangbaren Verkaufsartikel bestimmte, eines „norischen" Mantels gedacht. 
Nicht minder als Namen und Kleider der Bewohner spricht für das Festhalten 
nationaler Art die Fortdauer heimischer Götterculte. Kann man den gallischen Ursprung 
auch für Gottheiten wie Belenus und Epona nicht beweisen, so ist doch in dem auf Votiv 
steinen aus dem Lavantthal und ans Seckau (Solva) genannten Latobius der keltische 
Kriegsgott zu erkennen. Zahlreicher sind die Zeugnisse für den Cult der Göttin Noreia. 
Ein Heiligthum derselben wurde bei Burg Hohenstein entdeckt. In Cilli, der Hauptstadt 
Noricums wenigstens in späterer Zeit, wird sie mit Jupiter und der Stadtgöttin Celeia 
zugleich verehrt und znrückkehrende Soldaten richten beim Betreten der heimischen Erde 
zuerst ihre Gebete an sie, wie die zu Kerschbach bei Windisch-Feistritz an der pannonischen, 
zu Weihmörting an der raetischen Grenze gefundenen Votive beweisen. Als Herrin des 
Landes waren ihrem Schutze vor allem dessen Eisenwerke und Goldgruben empfohlen, und 
so erscheint sie nicht selten unmittelbar im Zusammenhänge mit dem Metallhandel, den die 
Bewohner hauptsächlich nach Aquileja betrieben. Dort hatten ihr die Pächter (eonclnetores) 
der norischen Eisenwerke einen Denkstein gesetzt und von einem Betriebsleiter (proLurator) 
derselben rührt einer der bei Hohenstein gefundenen ihr geweihten Altäre her. Verwandter 
Cultgebräuche halber verglichen die Römer diese Göttin mit Isis, und dieselbe Göttin 
kennt auch Tacitus bei den Sueven. Da auch sonst Kelten als die höher Civilisirten auf
	        
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