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ging. Den preussischen Staatsrath können wir unter dem Stäge-
rnann, Jordan, Hoffmann Anden - nicht in Wilhelm v. Humboldt,
denn der war nicht so particularistisch gesinnt. Der bayrische
Standpunkt hatte in Wien zwei energische, rücksichtslose Ver
treter in dem Grafen Montgelas und im Fürsten Wrede; die hatten
aber beide schärfere Züge als der Graf in Görres’ Gespräch. Der
„Reichshofrath“ spricht etwa die Gesinnung des österreichischen
Bevollmächtigten Freiherrn v. Wessenberg aus, in dem „Reichs
ritter“ erkennen wir den Ritter v. Zobel, in dem „Domherrn“
den Canonicus Helfferich von Speier, in dem „Senator“ entweder
den Syndicus von Hamburg, Gries, oder den von Bremen, Smidt,
von dem uns Varnhagen erzählt: „Seine Ansichten und Aeusse-
rungen blieben nicht gleichgiltig und fanden bisweilen Wiederhall
in den höchsten Regionen.“
Aber alle diese Personen tragen bei Görres zu wenig individu
elles Gepräge, sie sind Alle aus demselben Farbtopf gemalt, Alle hell
auf hellem Grunde, sie sprechen Alle wie Görres, sie sind Alle vor
nehm und edel. Ueberdies sind auch manche Tendenzen, und ge
rade die, welche am kräftigsten wirkten, gar nicht vertreten. So
die der Staatsweisheit des achtzehnten Jahrhunderts. Der „Reichs
hofrath“ charakterisirt sie einmal, er wendet sich gegen das
„rastlose Fördern und Befördern“, das immer und unausbleiblich
zum Despotismus führe: „Der Gang ist breit und bequem, erst
Alleinklugheit, dann Schulmeistern, Vorschreiben bis ins Kleinste,
Gesetzgeben ohne Aufhören, Verbieten, Einsperren, Verdammen,
zuletzt Erdrosseln. Was ist es nicht schon eine Plage gewesen
in Deutschland mit den Regierungen, die sich eingebildet, sie wären
da, ihr Volk im Bauer abzurichten, gelehrt zu erziehen, ihm zu
sagen, was es thun und lassen, schreiben, lesen, wie und wann
es arbeiten, essen, trinken und tanzen solle! Die Noth ist so hoch
gestiegen, dass die Verständigsten beinahe des Glaubens worden,
die schlaffste Regierung sei die beste.“ Zu diesen „Verständigsten“
hatte einst Wilhelm v. Humboldt gehört, damals, als er den „Ver
such, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen“,
geschrieben hatte. Aber das war zwanzig Jahre her, der „Versuch“
lag ungedruckt in seinem Pult, und er dachte kaum mehr so.
Und die eigentlich Massgebenden, die gekrönten Häupter, die lei
tenden Minister, die dachten fast Alle so, wie der „Reichshof
rath“ des Görres und wie Görres selber gerne gewollt hätte, dass sie