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Volltext: Katalog der Wiener-Congress-Ausstellung 1896

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kommt und bald Professor, dann Director der Akademie und Hof 
baurath wird. Für die Bedürfnisse des modernen praktischen 
Lebens hatte er nicht viel Sinn; aber die Antike hatte er gründlich 
studirt, und seine Werke tragen immerhin ein achtensweithes in 
dividuelles Gepräge. Er baut von 1821 —1824 das Burgthoi, zui 
selben Zeit den Theseus- Tempel in dem gleichzeitig angelegten 
Volksgarten. Vorher hatte Schemerl von Leytenbach das Polytech- 
nicum errichtet; die alte Universitätsbibliothek, das Münzamt, 
das Gebäude der Nationalbank und das Landesgericht sind in der 
selben Epoche entstanden. 
Kräftiger entwickelt sich die Architektur ausserhalb Oester 
reichs; ihre classische Erneuerung früher beginnend und länger 
behauptend. Ueberall dieselbe Bevorzugung des Dorismus. Nebenbei 
entlehnt man sogar ägyptische Motive, weil man in der ägyptischen 
Kunst die Grundlage der griechischen erkennt. Die Lehren des 
Virtruv gemessen fast abergläubische Verehrung. Die Vorläufer 
in Deutschland sind Langhans und Gentz in Berlin, Weinbrenner 
in Karlsruhe. Ihren Höhepunkt aber erreicht die deutschclassi- 
sche Architektur in Leo von Klenze und Friedrich Schinkel. 
Ersterer in Paris unter Durand und dann in Rom herangebildet, 
kein origineller Künstler, aber in der Antike bewandert und 
befangen wie kaum ein Anderer, wird vom nachmaligen König- 
Ludwig I. für München gewonnen, und er erbaut 1816 die Glyp 
tothek, von 1819 an das Palais des jetzigen Regenten und mehrere 
andere Monumentalwerke, 1826 wird der Grundstein der Pinakothek 
und des südlichen Flügels der Residenz gelegt. Schinkel, nicht 
mit Unrecht der Thorwaldsen der Architektur genannt, arbeitet 
Hand in Hand mit Christian Rauch; Berlin konnte sich glücklich 
schätzen, gleichzeitig zwei solche Männer zu besitzen. Schon in 
der Königswache, dann aber vor Allem im Schauspielhause und 
in der Schlossbrücke erweist er sich als Renaissancekünstler, 
welchem es darum zu thun ist, nicht nachzuahmen, sondern zu 
verwerthen und neu zu gestalten. Und in dem alten Museum, 
welches er in den Zwanziger Jahren erstehen lässt, sehen wir ihn 
auf der Höhe seines Könnens und den Stil an der Grenze dessen, 
was er heute noch zu sagen und zu leisten vermag. Dass Schinkel 
wie kaum ein anderer Künstler die Architektur unter landschaft 
lichem Gesichtspunkte zu fassen verstand, und auch dem Kunst 
gewerbe für die Zeit bedeutungsvolle,, leider nicht kräftig erhal 
tene Impulse zu geben wusste, bleibt ihm unvergessen.
	        
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