Denn dass auch das Kunstgewerbe sich dieser in Literatur
und hoher Kunst eingeschlagenen Richtung nicht entziehen kann,
liegt in der Natur der Sache. Auch das Kunstgewerbe wird classisch,
soweit, ja mehr noch als die Bedürfnisse des modernen Lebens
dies gestatten wollten. Schon der Stil Ludwig’s XVI. hatte, durch
die archäologischen Forschungen angeregt, damit begonnen, dei
buntbewegten, verschnörkelten Ornamentik des Rococo die stren
geren Motive der griechisch-römischen Decorationsweise entgegen
zustellen, und auch die Formen wurden steifer, Tische und Stühle
erhielten anstatt der geschweiften gerade dünne Beine; aber noch
war die Freude an reicherem Schmucke lebendig und man bevoi-
zugte noch immer prachtvolle Bronzeverzierung und die Einlege-
technik. Die Revolution aber und das erste französische Kaisei-
thum kehrt ganz zur griechischen Kunst zurück. Im sogenannten
Empirestil mit seiner Vorliebe für militärische Trophäen und
Embleme prägt sich das Kriegsideal und die ganze Herbheit des
Cäsarismus aus. In der Ornamentik mischen sich, wie theilweise
in der Architektur der Epoche, aus historischen Gründen mit den
griechischen ägyptische Motive, und für die Formen der Geräthe,
welche dem. Schmucke des Hauses wie den Bedürfnissen des täg
lichen Lebens dienen, werden zum Theile in recht wunderlicher
Art die Urbilder der griechischen Architektur massgebend. Hatte
die erste Renaissance, als welche wir die Karolingische Epoche
bezeichnen können, antike Motive, so weit sie sie verstand, über
nommen, aber nur in rohester Weise äusserlich zusammenge-
schweisst; und hatte die zweite Renaissance, die italienische,
die gesammte antike Ornamentik erneuert, aber in den Formen
mit urkräftiger Originalität die Forderungen einer neuen vorge
schrittenen Zeit erfüllt; so sucht diese dritte Renaissance ihre Auf
gabe in directer Nachahmung der Antike, indem sie der Gefahr
nicht entgeht, auch dort nachahmen zu wollen, wo kein Vorbild
vorhanden ist. Tempel und Altäre, architektonische Fatjaden und»
Säulen sind die Typen, aus welchen unser modernes Inventar,
Tische, Kästen, Stühle, Uhrbehälter und Oefen und all das Klein-
geräth geformt wird, welches das Haus wohnlich und behaglich
machen soll. Die sinnvolle Ornamentation der antiken Keramik,
wie die eigenartige Decoration der Wände, die man in Pompeji
kennen gelernt, wird auch dort verwendet, wo der Zweck des
Gegenstandes oder sein Material andere Forderungen erheben. Und