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DIE KUNST SHIKO MUNAKATAS
Von Muneyoshi Yanagi
Direktor des Museums für japanische Volkskunst
1VIunakata ist ein freiheitsliebender Mensch. Zwar ist jeder Künstler
an sich frei, aber wie viele verlieren ihre Freiheit später, indem
sie sich von der Mode der Zeit, von Lehren einer Schule oder von
eigenen Manierismen binden lassen. Munakata blieb ein freier,
natürlicher Mensch, der fast wie ein Kind handelt, spontan und
impulsiv. Auch die Sprache dieses leidenschaftlichen, aktiven, nicht
intellektuellen Künstlers ist lebhaft, reich an Gebärden.
In seinem Schaffen gibt es keine Sackgassen, denn er findet immer
neue Wege. Seine Kunst ist, was der Japaner „bodenlos“ nennt,
unendlich, ohne Fixierung, fließend. Dementsprechend ist auch seine
Arbeitsweise rasch und geschmeidig.
Die Eigenart von Munakatas Kunst könnte dazu verführen, in
ihr nur den bewußten und gewollten Ausdruck seiner Persönlichkeit
Zu sehen. Aber hinter dem bewußten Schaffen wirkt etwas Über
individuelles; und Munakata ist sich dessen sehr bewußt. Ein Holz
schnitt ist bei ihm kein in allen Einzelheiten geplantes Werk. Der
Künstler improvisiert gleichsam, er überläßt sich seinen Impulsen,
und oft ist er selbst überrascht, wie anders das Werk wurde, ver
glichen mit seiner ersten Idee. Munakata wurde einmal vor einem
seiner Werke betend, mit gefalteten Händen, angetroffen. Nicht die
Schönheit, nicht das Gelingen des Werkes war es, was ihn über
wältigt hatte, sondern das Wirken außerpersönlicher Kräfte, das
er zu spüren glaubte.
Im Buddhismus gibt es die Begriffe „Jiriki-do“ und „Tariki-do“;
sie bedeuten; den ,,selbständigen Weg“ gehen, nur auf sich gestellt,
und den „unselbständigen Weg“ gehen, abhängig von anderen
Kräften. Die meisten modernen Künstler woUen den selbständigen
Weg gehen, aber Munakata weiß, daß er von transzendentalen
Kräften geleitet wird; er geht den unselbständigen Weg.
Einmal sagte er: „Ich bin nicht verantwortlich für meine Werke.“
Das scheint uns für einen Künstler teilnahmslos, ja unverantwortlich,
aber es kennzeichnet Munakatas Überzeugung vom Schicksalhaften
seiner Arbeit.
Munakata arbeitet an einem Buch über den Holzschnitt und darin
sagt er, er schneide nicht so seht das Holz, sondern werde vielmehr
vom Holz gezwungen, es zu schneiden. Er entwirft auch fast niemals
seine Werke, sondern schneidet sie direkt ins Holz, so daß sie