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nicht jene Stellung, welche dem Schaffungstriebe des Künstlers entspricht.
Wie sehr sich Alles zu bureaukratischen Formen zuspitzte, zeigt nichts
deutlicher als die Aeusserung, welche Kaiser Franz gegenüber dem Bild
hauer Schaller gethan, der sich für das neue Amt bedankte und zugleich
den Wunsch aussprach, Aufträge zu erhalten. Verwundert bemerkte der
Kaiser: »Sind Sie denn nicht eben gerade Professor geworden?« worauf
Schaller auf seine Künstlerthätigkeit hinwies, die mit seinem Lehrberuf
an der Akademie ganz unzertrennbar sei. Leider hat man in späteren
Jahren das System, mit den Kaiserpreisen auch Aufträge für Bildhauer
zu verbinden, in Folge eines falsch verstandenen Liberalismus fallen lassen.
Da nur wenige Preise vertheilt wurden und daher nur wenige Aufträge
an Österreichische Künstler ertheilt werden konnten, so gab es eine grosse
Anzahl unzufriedener Bildhauer. Man hob deshalb das frühere System
ganz auf und vermehrte die Preise bei der sogenannten Reorganisation
des Institutes der Kaiserpreise; dabei wurde nur Eines erreicht, nämlich
die Vermehrung der Preise an Bildhauer, aber man war nicht mehr in
der Lage zugleich auch Aufträge an jene Künstler zu geben, welche, mit
Preisen ausgezeichnet, nach Rom geschickt wurden.
Der Aufenthalt in Rom, welcher nunmehr den Bildhauern ermöglicht
wurde, ist jedoch viel zu kurz, um einem Bildhauer wirklich zu nützen.
In der Regel muss er gerade dann Rom verlassen, wenn er sich über die
Bildhauerkunst und die plastischen Werke des Alterthums hinlänglich unter
richtet hat. Er hat kaum den Fuss in das Land der classischen Ideale
gesetzt und schon muss er daran denken seinen Aufenthalt zu verändern.
Dazu kömmt noch, dass der Bildhauer seine Arbeit nicht leicht, wie der
Maler, von einem Orte zum andern tragen und daher die Frucht seiner
Arbeit nicht zur Geltung bringen kann. Er bedarf Aufträge , denen er
seine volle Müsse und seine ganze Gedankenarbeit widmen kann, er braucht
die Schulung durch eine grössere Arbeit. Nichts ist im Stande, ihm diese
Schulung zu ersetzen, und es wäre eine grosse Täuschung, wenn man
glauben würde, dass das Entwerfen von Skizzen oder die Ausführung
von kleineren Büsten ihm einen Ersatz bieten könnte für eine grosse ge
diegene Arbeit, eine Arbeit im grossen Style und in würdigerem Materiale.
Deswegen ist es zu bedauern, dass man von dem Principe abgegangen ist,
mit dem Kaiserpreise Aufträge von Seite des Hofes zu verbinden, abge
sehen davon, dass dem Hofe Gelegenheit zur Erwerbung hervorragender
Marmorwerke entgeht und abgesehen davon, dass auch ein Theil jenes
Glanzes dem Hofe entzogen wird, der sich von selbst über demselben
verbreitet , wenn er gewissermassen jene Zöglinge der Akademie in
seinen mächtigen Schutz nimmt, welche von derselben mit Kaiserpreisen
ausgezeichnet werden. Es kann gar keinem Zw'eifel unterliegen, dass
diese Verhältnisse einer gründlichen Regelung bedürfen. Alle Ver
suche, welche der Sprecher dieser Worte nach dieser Richtung gemacht