MAK

Volltext: Der Gösser Ornat im k. k. österr. Museum für Kunst und Industrie

22 
Jugend Christi auch schon in der Dreikönigsdarstellung des Antependiums 
zu bemerken gewesen. 
Daß die Tierdarstellungen des Pluviales zum Teile nach unten, zum 
Teile nach links gerichtet sind, erklärt sich daraus, daß der Mantel eben zum 
Teile nach vorne fallen sollte, wobei dann die jetzt nach der Seite gerichteten 
Tiere aufrecht erscheinen. 
Die Gründe der einzelnen Felder sind blau, rot, grün, gelb oder violett 
gehalten, und zwar reihenweise — in schrägen, von links unten nach rechts 
oben ansteigenden Reihen — von gleicher Farbe. Manche Felder haben 
innerhalb der großen Trennungsbänder mit dem Hakenkreuzornamente auch 
noch schmale rahmenförmige Ränder in einer vom Grunde abweichenden 
Farbe; auch diese besonders eingerahmten Felder erscheinen in derselben An 
ordnung diagonal nach rechts emporsteigend. 
Wir verweisen auf diese systematische Anordnung, die selbst in der 
farblosen Abbildung durch die verschiedene Tönung einigermaßen hervor 
tritt, weil uns die Erkenntnis dieses diagonalen Anordnungssystems im 
weiteren bei der Rekonstruktion der stärker veränderten Kasel wichtige 
Dienste leisten wird. Betreffs der Auswahl der Tiere liegt es nahe, an den 
Physiologus zu denken; doch stimmen die Tiere nicht mit ihm. Es scheint, 
daß einfach übliche Stoffmotive übernommen wurden. Alle die Tiere, die wir 
hier finden, die Adler, die Greifen, die Pferde, die Drachen, die Steinböcke, 
die Vögel und so fort, selbst die halb menschlichen und halb tierischen Ge 
stalten und die Türme finden wir auf Stoffen der romanischen und früh 
gotischen Periode als gewöhnliche Dekorationsmotive*; es sind die derartig 
geschmückten Stoffe aber fast durchaus orientalischer Herkunft oder wenig 
stens in Italien (im Norden nur in verschwindend geringem Maße) nach 
orientalischen Vorbildern ausgeführt worden. 
Es genüge, hier auf die näheren Ausführungen in des Verfassers Werk 
über die „Künstlerische Entwicklung der europäischen Weberei und Stickerei“ 
(Wien 1904, Seite 113fr. und Seite 130fr.) hinzuweisen sowie auf die zahl 
reichen daselbst gebotenen oder angeführten Abbildungen. Hier sei auf 
Seite 19 nur ein Stück wiedergegeben, um die beim ersten Anblicke nicht 
leicht kenntlichen Elefantendarstellungen (zum Beispiele in dem Quadrate, 
das unter dem in der Mitte des Pluviales eingesetzten Stücke zu sehen ist) 
klarer zu machen**. 
Wenn einige der Motive, wie außer etlichen Tieren zum Beispiele der 
„elfenbeinerne Turm“, besondere christlich-symbolische Bedeutung haben, 
so beruht dies eben darauf, daß auch für die christliche Symbolik außer 
dem Physiologus die üblichen Kunstmotive, also vor allem die Stoffmotive 
* Seltener sind wohl Kamele, wie sie zum Beispiele auf der Tunicella zu sehen sind (Abbildung auf 
Seite 37); doch kommen Kamele schon im XI. Jahrhunderte auf dem berühmten „Teppich von Bayeux“ und am 
Tore der Kirche zu Lusignan bei Poitiers (XI. bis XII. Jahrhundert) sowie im Hortus deliciarum der Herrad von 
Landsperg vor. Besonders seit den Kreuzzügen waren sie gewiß auch in Abbildungen verschiedener Art bekannt. 
Dromedare werden übrigens in der Legende als Reittiere der heiligen drei Könige erwähnt. 
** Die Abbildung auf Seite 19 nach Bock „Liturgische Gewänder“, I, Tafel III.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.