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Wenn endlich die Schriftfelder der GOTISCHEN SCHRIFTFAMILIE, wie
Textur, Gotik, Schwabacher, Fraktur, englaufend und dunkel erfcheinen, fo
beruht das darauf, daß fie ganz überwiegend mit der fchrägen Feder gefchrieben
werden. Wünfeht man diefe Schriften lichter wirkend, fo muß mit allerlei
Mitteln (wie mit geändertem Verhältnis von Federbreite zur Schrifthöhe) nach
geholfen werden.
Am erfreulichften erlcheint mir in unleren Tagen die ^Wiedererweckung und
die Entwicklung des »perfönlichen«, alfo felbftgefchriebenen, ohne Verwendung
von Drucktypen hergeftellten Buches. Und fo wie das gefchriebene Buch der
alten Zeit diefer Gipfelpunkt aller Schriftkultur — noch lange auf die Typen
drucke als Vorbild veredelnd wirkte, fo ift von dem heutigen »perfönlichen Buch«
eine gute geftaltende Wirkung auf unfere mafchinellen Bucherzeugniffe zu hoffen.
Darum karm man im Unterrichte einem folchen perfönlichen Buche große
Bedeutung beimeflen. Es beginnt mit der Wertfehätzung eines Hterarifchen
W^erkes, führt durch das Schriftfehreiben zum Erleben von Rhythmen bei freu-
geleifteter Arbeit und beglückt nicht nur den Emptänger, fondem — was
mir noch wichtiger erfcheint — auch den Verfertiger einer folchen Edelarbeit.
Diefe foU ein feierlicher Akt fein, ein Spiel, eine Feftesfreude. Kann doch die
Schriftbetätigung Glücksgeftihle erlefenfter Art fchenken, fie kann erheben, lie
kann feeüfche Ruhe bringen. Der Weg vom Ornamentalen über das Architek-
tonifche kann da den Könner bis zum Gipfel des Rhythmifchen führen, zur
Mufik des Schreibens.
Die Schrift wird freilich im Leben und im Unterricht meift als Afchenbrödel
behandelt. Der Vergleich liegt nahe. Beide, Schrift und Afchenbrödel, haben ihre
glänzenden Eigenfchaften und beide mülfen dienen. Die Schrift muß nämlich