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In seiner ganzen Ausdehnung wird dieses Cerenwniell noch heute bei den Lasowiaken
ausgeführt; dieses ist es auch, das wir hier in allgemeinen Zügen wiedergeben, nicht ohne
hie und da bemerkenswerthe Einzelheiten aus anderen Gegenden hinzuzufügen.
Sobald die Eltern mit ihrem Sohne darin übereingekommen sind, aus welchem
Hause sie sich eine Schwiegertochter wünschen, theilen sie dies einem „weisen Hausvater",
gewöhnlich irgend einem der Verwandten mit, der in diesen Angelegenheiten bewandert ist,
und bitten ihn, die „andere Seite" anszuforschen, ob man mit der Verbindung einverstanden
und was für eine Mitgift zu geben man gesonnen sei, wobei auch mitgetheilt wird, was für
ein Vermögen der Freier von seinen Eltern zu erwarten hat. Sowie diese Verhandlungen
glücklich zu Ende geführt sind, folgt das formelle „Versprechen" (Lnoevir^).
Zu diesem Besuche ladet man auch eine „weise Hausmutter" ein. Diese und der
„weise Hausvater" führen den gemeinschaftlichen Namen: »vmorvosltzb):« (Brautwerber).
Aus dem Hause des Junggesellen nehmen sie eine mit irgend einem Getränke gefüllte
Flasche, welche die weise Hausfrau mit einem Bande, das ihr der Bräutigam gibt,
umwindet, worein sie ein Sträußchen Raute steckt; hierauf brechen sie mit diesen! nach dem
Elternhause der Braut auf. Vorerst tritt nur das Brautwerberpaar ins Haus ein, der
Freier jedoch beobachtet vor dem Fenster, was weiter Vorgehen wird. Diese Formalität
des „Versprechens" geht immer zur Nachtzeit vor sich. Die Eltern der Braut wissen
bereits, um was es sich handelt, sie thun jedoch so, als wüßten sie nicht einmal, wer die
Leute sind. Die Brautwerber sagen, sie hätten sich verirrt und seien gekommen, um
ein Nachtlager zu bitten, sie seien ihres Zeichens Kaufleute und hätten gehört, es sei
hier eine „junge Kalbin" zu verkaufen. Sie würden dieselbe erwerben, sie aber dann
einem Anderen abtreten. Die Antwort lautet, daß es besser wäre, wenn man die Sache
ohne Mittelspersonen abmachen könnte und wenn der Käufer sich in eigener Person
vorstellcn würde. Da dieser nun eintritt und die vermeintlichen Kaufleute erklären,
daß eben dieser der Käufer sei, sagt der Vater der Braut: „Höre mein Lieber, anstatt
diesen Leuten ein Paar Gulden für die Abtretung zu geben, kannst Du ja selbst der Käufer
sein." Nach diesen Worten folgt das „Fußfassen", das heißt, die jungen Leute neigen sich
tief zur Erde und fassen mit den Händen nach den Füßen der Anwesenden, zuerst der
Eltern, dann der Brautwerber und endlich aller Übrigen, zum Zeichen des Dankes. Hierauf
verkündet der Bräutigam, daß man den ,IüLup° (Leihkauf) trinken müsse, damit die, welche
ihn hierhergebracht, ihm nicht zürnen. Die „weise Hausfrau" stellt nun die Flasche auf den
Tisch und der Vater der Braut sagt jetzt zu dieser: „Fange Du an, denn auf Dir steht das
Fundament." Das Mädchen trinkt dem Bräutigam zu und schenkt ihm das zweite Kelchglas
ein. Hat er getrunken, so stellt sie die Flasche auf den Tisch und löst das Band davon
herunter, als erste Gabe des Bräutigams. Nun bewirthen die Älteren einander gegenseitig,