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Volltext: Ornamentale Variationen des Manierismus

an vielen Stellen eine bis ins Überdeutliche und Drastische gehende Sexualität, 
die auch nur dem Prinzip der Steigerung entspringt. Die Spätstufen dieser Variation 
führt auch oft zum Verwirrenden und zum Vexierbild. Es ist so, als wollte man das 
gesehene Bild der Antike ausschöpfen bis zur letzten Konsequenz um zu zeigen, 
was man aus einem Urbild alles zu machen imstande ist. Diese Bewegung erfaßte 
ganz Europa. In Italien war das Zentrum der Renaissance Florenz, die erste Aus 
strahlung Rom, wo die wichtigsten künstlerischen Grundlagen entdeckt wurden, 
aber auch schon die ersten Variationen einsetzten. So entstand der Begriff der 
„maniera fiorentina“. Die nächste Station war Frankreich, wohin nach Fontaine 
bleau Franz I. eine Reihe von italienischen Künstlern berief, die dann mit vielen dort 
zusammenströmenden Künstlern Variation über Variation brachten. Auch nach 
Deutschland war die Welle dieser Dekorationsphantasien gedrungen. Der Höhe 
punkt der Absurdität und des Surrealismus aber fand bei einigen niederländischen 
Meistern statt, die gleichsam die letzte Konsequenz zogen, obwohl gleichzeitig 
auch in Italien die Phantasie kaum Grenzen fand. Bezeichnend - um nur eines 
herauszugreifen - sind etwa die Vasen: Dekorationsgefäße, die angeblich auf 
römische Stücke zurückgeführt wurden und aus denen sich abstruse Absurditäten 
entwickelten, die weit jede Grenze der Realität übersteigen. 
Phantasie und Abkehr vom Realismus sind also der durchgehende Faden, der sich 
durch alle Variationen zieht, die über die „Nachfolge nach der Antike“ im 16. Jhdt. 
komponiert wurden. 
1 HYPTNEROTOMACHIA POLYPHILI 
Illustrierte Ausgabe des berühmten phantastischen Renaissance-Romanes von 
Colonna illustriert von dem Polyphilo-Meister — möglicherweise Benedetto Bor- 
done vom Ende des 15. Jhdts. Aldus Druck 1499 Venedig. Die Illustrationen dieses 
Buches sind maßgebliche Beispiele der Ornamentik und Symbolik der Hoch 
renaissance in ihrer Verarbeitung antiker Vorbilder ebenso wie in ihrer Strenge und 
Einfachheit. So bilden sie in Verein mit den etwas späteren Raffael-Dekorationen 
im Vatikan und den Entwürfen von Zoan Andrea die Ausgangsstellung für die 
meisten Variationen der folgenden Generationen im Manierismus 
Inv.Nr. P II13 
BE 178 
2 BUCHTITEL VENEDIG 1492 
für eine Ausgabe des Alten Testamentes mit den Szenen des 6-Tage-Werkes 
Säulendekoration am Rand; den Bildern der Hypnerotomachia sehr verwandt 
Inv.Nr. O.St.S. 78/2 
BE 183 
3 BUCHTITEL ITALIENISCH UM 1500 
Zu Herodot 
Kandelaberdekoration 
In den Bildern der Hypnerotomachia, in den Ornamenten dem Zoan Adrea sehr 
verwandt. 
Inv.Nr. O.St.S. 78/11 
BE 196 
4 RAFFAEL, 1483-1519 
Pfeiler aus dem Loggien, 4 Bl. 
Gestochen von Volpato und Ottaviani, Rom 1776 
Obwohl diese Entwürfe erst im 18. Jhdt. als „Vorlageblätter“ erschienen, woran 
Raffael selbst natürlich gar kein Interesse hatte, so fanden sie doch unmittelbar 
auch durch Vermittlung seiner Schüler und Gehilfen, allergrößte Nachfolge in den 
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