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diesen Platten fertigten die Drucker dann durch genaues Über
einanderdrucken das einzelne Blatt an, wobei sie sich natürlich an
die Farbangaben des entwerfenden Künstlers zu halten hatten. Von
Druckerei im europäischen Sinn kann allerdings kaum die Rede sein.
Die Platten wurden mit der Hand eingefärbt und das befeuchtete,
sehr saugfähige Papier daraufgelegt, dann wurde wieder mit der
Hand unter Zuhilfenahme eines Bausches das Blatt sorgsam ange
drückt und abgezogen. Der Vorgang hatte also wenig Mechanisches
an sich, und vom Feingefühl des Druckers hing mehr ab als die
Genauigkeit des Abdruckes. Man übte das Verlaufen vom Dunkel
ins Helle eines Farbtones, das allmähliche Übergehen von einer
Farbe in eine andere, das Überdrucken zweier Farben, um einen
Mischton zu gewinnen, man überfing Schwarz mit einem Leim
überzug, der es glänzend machte, das sogenannte Lackschwarz, und
sparte aus diesem Überzug Muster aus, die matt herausschimmerten,
man druckte Platten ohne Farben kräftig in das Papier (Blinddruck
oder Prägedruck), so daß das zarte Relief nur durch seinen Schatten
die Zeichnung verriet, man verwendete Zusätze von feinpulveri
siertem Glimmer, um den Farben, vor allem denen der Hintergründe,
schimmernden Glanz zu verleihen. Die Farben, die man benützte,
waren teils mineralische, wie Zinnober und Mennige, zu denen auch
die Tusche aus Ruß zu zählen ist, die mit tierischem Leim gebunden
wurden, teils Pflanzenfarben, wie Rosa, Gelb und Blau, zu deren
Bindung Reiskleister diente. Purpur und Violett, sowie Grün und
Orange wurden durch Mischen der Pflanzenfarben erzielt, Braun
durch Mischen von Eisenoxyd und Tusche. Bei besonders prunkvollen
Blättern, die vor allem als Neujahrsglückwunschkarten verschenkt
wurden (Surimonos), kamen dazu noch Silber und Gold und farbige
Metallpulver.
Erst durch die feinfühlig aufeinander abgestimmte Zusammenarbeit
von Maler, Holzschneider und Drucker entsteht also der einzelne
Holzschnitt, und es ist begreiflich, daß die Qualität verschiedener
Abzüge desselben Blattes sehr unterschiedlich sein kann. Gewinn
gierige Verleger haben in der Spätzeit durch immer neue Massen
auflagen erfolgreicher Blätter oder Serien, oft von abgenützten oder
nachgeschnittenen Holzstöcken, oft unter Auslassung einzelner
„minder wichtiger“ Platten, oft mit willkürlichen Änderungen der
Farben und mit nachlässigem Druck, viel Schaden angerichtet. Wir
sind über die Höhe der einzelnen Auflagen schlecht unterrichtet, doch
müssen sie oft sehr groß gewesen sein. Dieser Schluß drängt sich
unweigerlih auf, wenn man überlegt, daß trotz der Tatsache, daß
der Holzschnitt niht als hohe Kunst gewertet wurde und in Japan
erst seit ungefähr einem halben Jahrhundert höher geshätzt wird,
doch so viele Holzshnitte erhalten sind. Die Menge der von einem
Künstler geschaffenen Holzshnitte schwankt begreifliherweise sehr
stark. Während wir von Sharaku, der freilich nur ein Jahr tätig
war, nur 136 Blätter kennen, sind uns von Kiyonaga 1071 Blätter
und 144 oft mehrbändige Buchwerke erhalten. Den Umfang des