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Volltext: Künstlerische Entwicklung der Weberei und Stickerei innerhalb des europäischen Kulturkreises von der spätantiken Zeit bis zum Beginne des XIX. Jahrhundertes, mit Ausschluss der Volkskunst : Textband

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Maria schwebt als Orantin zwischen zwei Engeln mit riesigen Flügeln 
empor; unten befinden sich zehn Jünger, von denen zwei in geradezu 
ägyptisch-primitiver — aber auch der späten Antike eigener —- Dar 
stellungsweise, wie liegend, erscheinen. Es ist bei dem Hinausprojizieren 
innerer Visionen das Gefühl für Einheitlichkeit des Raumes eben ganz 
verloren gegangen. Dagegen ist die Symmetrie so vollständig, daß die 
Kreuze, welche die mittleren Jünger, gleich den übrigen, emporhalten, in 
eins zusammenfallen. 
Wichtig für die Zeitbestimmung ist die Inschrift, die, dem Anfänge 
eines liturgischen Textes entlehnt, in dem Inneren der Runde um die Haupt 
darstellung herumläuft: 
„Com transisset Maria mater „Da Maria, Mutter. Gottes, von 
domino de apostolis.“ den Jüngern dahinging. 
Wort-und Buchstabenform deuten auf das 7. bis 8. Jahrhundert. 1 
Bei dem einfachen Materiale (Leinen) und den rohen Formen kann 
man wohl an eine Entstehung außerhalb der Hauptsitze der damaligen 
Kultur denken; vermutlich haben wir ein Erzeugnis der gegen den Osten 
weit zurückgeworfenen westlichen Mittelmeerhälfte vor uns. 
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Die Bestrebungen der Weberei und der Stickerei sind in dieser Zeit 
noch durchaus dieselben. 3 . 
Wir müssen nämlich annehmen, daß der Schmuck eines Teiles der 
in alten Quellen, besonders im Papstbuche, angeführten Stoffe in 
Stickerei ausgeführt war; 3 bei einigen ist es ausdrücklich gesagt, so ei 
folgenden: 
„Vestes de fundato 3, habentes 
unam quidem tabulam acupictilem 
interclusam.“ 
„3 Altarbehänge von ,grundier 
tem 1 Stoffe, jedes mit einem einge 
faßten. gestickten Einsätze.“ 
i „Com“ statt „cum“ ist merovingisch; „mater domino“ statt „mater domini“ ist 
im 6 bis 7. Jahrhunderte, in Italien allerdings noch länger, im Gebrauch. Die hegende S-Form 
ist gleichfalls in merovingischer Zeit auf Münzen häufig; die Form des M entspricht dem 
7. bis 8. Jahrhunderte. 
3 Eine bemerkenswerte Stickerei zeigt das mit der Langobardenkönigin Flavia Theodo- 
linda (Anfang des 7. Jahrhunderts) in Zusammenhang gebrachte Korporaltuch in Monza 
(Abbildung bei Bock „Liturgische Gewänder“ II., Tafel 36); man erkennt griechische 
Schriftzeichen und im Ornamente das syrisch-byzantinische Herzblatt mit ansetzenden, 
arabeskenartigen Rankenausläufern, sowie eine eigentümliche Abwandlung jener Ornamente 
die wir sonst auf Stoffen mit Kreismustern außerhalb der Kreise finden. 
3 Das Wachsdeckverfahren ist bei reicheren Kirchen wohl kaum anzunehmen und 
scheint, nach dem vollständigen Mangel an derartigen Überresten in den westlichen Ländern 
zu schließen, in diesen überhaupt nie beliebt gewesen zu sein.
	        
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