Ein in der Buchkunst vorgebildetes Schmucksystem ist im Teppich
nur mehr selten zu finden (Tafel i): Querreihen von wechselnd vier-
passigen bzw. kielbogigen Kartuschen, gefüllt mit der um den Lebens
baum gestellten heraldischen Tiergruppe; in unserem Teppich von
Pfauen und Fasanen, ferner mit Wolkenbändern sowie mit floralen
Motiven. In zwei an markanten Stellen liegenden Vierpässen erkennt
man bedeutungsvoll glitzernde Weiher, darin sich Wolken spiegeln.
In den Ausschnitten des kühlroten Feldes finden sich, gut eingeschmiegt,
krumm- und dickstämmige Blüten- und Granatapfelbäume. Die
Pfauenräder (Tafel i) sind so gebildet, daß sie ins Pflanzliche hin
überspielen.
Die erwähnte, zweischichtige Musterung durch zweierlei Ranken ist
bei einem grünlichblaugrundigen, Ende des 17. Jahrhunderts entstan
denen Medaillonteppich auf das kirschrote, rötlichblau überlegte Me
daillon, die weißen Medailloneck viertel und die Ansätze beider Flä
chenformen beschränkt (Tafel 3), während Blütenranken allein, ein
schichtig geführt, den Feldgrund schmücken. Ober ihnen ziehen in reger
Schlangenbewegung schlanke Wolkenbänder, die auf dem Wasserblau
des Feldes besonders eindrucksvoll wirken. In der Bordüre ist die Ab
folge passiger, länglicher und rundlicher Kartuschen, die zusammen
geschoben sind und einander überschneiden, für das nordwestliche Per
sien bezeichnend.
Nach einem aus dem frühen 16. Jahrhundert stammenden Karton
ist im 17. ein in ungebrochenen Farben gehaltener, weißgrundiger Me
daillonteppich gearbeitet worden (Tafel 4). In der Medaillon- und
Teppichmitte ist der durch Enten und die blaue Farbe gekennzeich
nete Paradiesesteich. Die Tiergruppe des Medaillons bilden Löwen
sowie von Löwinnen gerissene Buckelochsen, einstmals Träger hier
wohl verblaßter mythischer Vorstellungen. In seinen Endansätzen fin
den sich gegenständige Pfauen mit musivisch gemustertem Stoß. Die
Zahl der Zacken des reziprok geteilten Hauptstreifens der Bordüre ist
wie bei verwandten Stücken an beiden Schmalseiten nicht die gleiche.
Solches Abgehen von der Norm, das gilt auch von der Ungleichheit
des Ausmaßes der Teppichlängshälften oder der Umkehrung von
Schriftkartuschen, kann nicht durch Mängel im Arbeitsvorgang erklärt
werden, sondern durch religiöse Scheu: nur dem Höchsten allein ist
Vollkommenheit gemäß. Da sich diese Erscheinung in den anderen
Künsten nicht findet, so ist anzunehmen, daß sich hier ein Wesenszug
der Volkskunst bis in die hohe Kunstproduktion erhalten hat.
Im tiefblauen Feld nebeneinandergereihte sog. intermittierende Ara
beskenranken mit Lotusblüten bzw. Zackenpalmetten auf den Berüh
rungsstellen und Sternrosetten auf den Schwingungen zeigt ein eben
falls im nordwestlichen Persien heimischer Teppich (Fragment, Ta
fel 5). Er hat die für das Randgebiet gegen den Kaukasus bezeich
nende Einfachheit und Strenge zur Geradlinigkeit entwickelt, wie sie
sich in der von der persischen abgeleiteten kaukasischen Kunst noch
stärker ausprägt. Anfang 17. Jahrhundert.
Ein der Überlieferung nach von den Arabern bei der Erstürmung
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