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samtc geistige Entwicklung in Österreich sich nach dieser
Richtung bewegt hätte. Naturlehre und Humanismus blühten
au der Universität in Wien.
Von der Mitte des XVI. Jahrhunderts bis zur Mitte des
XVII. Jahrhunderts war die österreichische Kunst auf keiner
hohen Stufe. Es hing dies wohl hauptsächlich mit zwei schwe-
renNöten der damaligen Zeit zusammen. Einerseits waren es
che ewigen religiösen Kämpfe, geistige und noch mehr poli
tische, andererseits die schweren Kriegsnöte des dreißigjähri-
Krieges und der türkischen Gefahr. Erst als beide Übel über
wunden waren, begann am Ende des XVll. Jahrhunderts
eine der größten Kunstperioden Österreichs: die Barockzeit.
Ursprungsland war Italien. Von dort kam zuerst eine große
Anzahl Künstler zur Betätigung und dort holten sich die
meisten heimischen Kräfte ihre Ausbildung. Dennoch war
das österreichische Barock nicht etwa nur eine Nachahmung
des italienischen. Die sehr bedeutenden Künstler schufen aus
den dortigen Anregungen eine durchaus selbständige origi
nale Kunst, die in analoger Weise wie die Spätgotik, starke
Hingabe an die Ubersinnlichkeit mit gesundem Naturalismus
verband, wenn auch natürlich in anderen stilistischen
Formen. Der wichtigste Maler ist Maulbertsch; ein Mystiker
in der zweiten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts, voll von
tiefsten seelischen Spannungen, die restlos mit reinen Mit
teln der darstellenden Kunst sich zeigen, ohne jede Bei
mengung von Literatur! Er gehört wohl zu den größten
Künstlern Europas seiner Zeit, aber international ist er bis
heute fast unbeachtet geblieben. Freilich ist zu bedenken,
daß die museale Ausstellung der großen Malereien oder Pla
stiken der Barockzeit äußerst schwierig ist. Unser Barock
ist eine Epoche des größten Prunkes und des größten Luxus,
aber auch der größten Disziplin in der richtigen Einordnung
in den architekturalen Gesamtplan. Ein Blick in die Peters-
I kirche, die Karlskirche oder in den Prunksaal der National-
I bibliothek zeigt sofort, wie dies gemeint ist und daß die
Kunstwerke viel mehr als in den anderen Perioden ihre alte
I Aufstellung oder mindestens eine sich annähernde brauchen,
um ihre volle Wirkung zu erreichen. Dies ist in modernen
Ausstellungsräu men.jetet., PPch k.atun' durchführbar. Im
lelzten Drittel des XVIll. Jahrhunderts wendet sich Öster
reich wieder von der Barockkunst ab. Der Rationalismus der
Aiifklärungszeit, der auf politischem Gebiete die ganze