DIESE KLEINE SCHRIFT möchte in allen Kreisen der Bevölkerung Verständnis
dafür wecken, daß das ernste Bemühen um eine
unserer Zeit angemessene Wohnkultur nicht eine
Modeangelegenheit ist, sondern einem neuen, natür
lichen Verhältnis zu unserer Umwelt, zu den Dingen,
mit denen wir uns umgeben, entspricht. Viele Men
schen tun so als wäre ihre Wohnung fast wie ein
Museum, also mehrzum Ansehen als zum Bewohnen
da. Je kleiner aber unsere Wohnungen notgedrun
gen sind und je weniger Räume sie haben, um so
wichtiger ist es, daß jedes Möbel und Gerät dem Be
wohnen auf das beste dient, wenig Platz verstellt und
jene unaufdringliche Form hat, die sich harmonisch
der Umgebung und dem Raum einfügt. So ist der
Mensch wieder Mittelpunkt der Wohnung und nicht
die pompöse Kredenz, der Pfeilerkasien oder der
falsche Zierat, der die stille Wirkung edler Hölzer,
die reinen Umrißlinien der Möbel und Gebrauchs
dinge und den zarten Zusammenklang der Farben
und Stoffe stört und verdirbt. Je zurückhaltender
diese Einzelheiten sind, desto größer und freier
werden die Räume wirken, desto besser wird ein
Bild an der Wand, eine Blume in der schön geformten
Vase, das Obst in der Schale und vor allem der
Mensch selbst in dieser Umgebung zur Geltung
kommen. Das ist vielleicht das Wichtigste und Ent
scheidenste der neuen Wohnkulturellen Bestrebun
gen: sie trachten die oft dumpfe und verworrene,
trotz aller pompösen Aufdringlichkeit monotone
Wirkung der meist üblichen Raumeinrichtung zu
überwinden und werben für eine Raumstimmung,
bei der das einzelne in edlen, reinen und klaren
Formen seiner Art und Aufgabe entsprechend gestal
tet und gewertet ist und zugleich aber den neuen
Wohnanforderungen bestens entspricht.
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