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Volltext: Bericht über österreichisches Unterrichtswesen, aus Anlass der Weltausstellung 1873, II. Theil

X. Unterricht im Zeichnen. 
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nen verlangt, und der Methode des Zeichnungs-Unterrichtes wurde daseihst eine 
grössere Aufmerksamkeit zugewendet. 
Bei den Strömungen der Zeit, welche in der Vermehrung der Schulen, 
in der Hebung des Volksschul-Ünterriehtes die besten Mittel zur Gründung des 
Volkswohlstandes erblickte, bei dem gänzlichen Umschwünge der Anschauungen 
über Erziehungs- und Unterrichtswesen überhaupt, konnten die bisher unter 
nommenen, kaum ausgeführten Reformen nicht mehr genügen, und es wurde im 
Jahre 1869 mit der Keorganisirung des gesammten Volksschulwesens begonnen. 
Es wurden neue Gegenstände in den Bereich des Unterrichtes gezogen, man 
hatte den Werth des Zeichnens als Unterrichts-Gegenstand erkannt. 
Die Volksschulen wurden auf sechs Classen erweitert, Bürgerschulen er 
richtet, Bildungsanstalten für Lehrer und Lehrerinnen ins Leben gerufen, und an 
allen diesen Schulen der Zeichnungs-Unterricht als obligater Lehrgegenstand 
eingeführt. Hiemit ist dem Zeichnen, das vorher in der Volksschule nur in 
der letzten Classe gelehrt werden durfte, eine neue noch wenig betretene 
Bahn zur Thätigkeit angewiesen. 
Während nun das Zeichnen aus seiner ursprünglich beschränkten Stellung 
heraustrat und einen immer grösseren Wirkungskreis gewann, schwanden nach 
und nach die Zweifel, welche gegen die Berechtigung und Nützlichkeit des 
selben an Volksschulen theilweise noch bestanden hatten, und es kam eine 
grössere Klarheit in die Ansichten über den Unterrichtsgang des vor Kurzem 
noch wenig bekannten Gegenstandes. — Die Erfahrung hat gelehrt, dass die ge 
naue Kenntniss und Unterscheidung elementarer geometrischer Können die beste 
allgemeine Grundlage für das Zeichnen sei, und dass demgemäss nach den 
ersten Uebungen im Zeichnen gerader und krummer Linien, die durch Thei- 
lung und Verbindung derselben gewonnenen geometrischen Eiguren die besten 
Vorbilder für den Anfänger sind, indem aus diesen Elementen nach Bedarf des 
Unterrichtes auch andere Gegenstände gebildet werden können. Es haben sich 
ferner das Vorzeichnen und Erklären des Lehrers an der fechultafel, das 
Nachzeichnen der Schüler in stigmographisch punctirte Hefte als vorzügliche 
Mittel für den Classenunterricht, letzteres nur für die untersten Classen der 
Volksschule bewährt. Das Zeichnen nach Dictaten, wie das Zeichnen aus dem 
Gedächtnisse haben sich gleichfalls für den Unterricht als förderlich und nütz 
lich erwiesen. 
Die Einhaltung eines geordneten Stufenganges für das Zeichnen, die Ver 
meidung eines nur auf mechanische Einübung abzielenden Unterrichtes wird 
gegenwärtig von Jedermann als nothwendig anerkannt. 
In dieser Weise begann der Zeichnungs-Unterricht sich zu gestalten, und 
es ist in der kurzen Zeit seines Bestandes für die Volksschulen wie der damit 
verbundenen Anstalten der Anfang zu seiner gedeihlichen Entwicklung gemacht. ) 
1) In den Wintermonaten 1872/73 wurden im Aufträge Sr. Excellcnz des Herrn Ministers 
? on Stremayr von einer Commission zur Regelung des Zeichen - Unterrichtes neue „Ent 
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