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Volltext: Bericht über österreichisches Unterrichtswesen, aus Anlass der Weltausstellung 1873, II. Theil

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Volks- und Bürgerschulen: XL Unterricht im Turnen. 
turnen praktisch, in ihr Bereich gezogen, und es sich zur Aufgabe ge 
macht, für die Einführung des Turnens an den Schulen zu wirken. An den 
meisten Orten erfreuten sie sich der Gunst der Gemeinden, denen sie Fach 
kräfte aus ihrer Mitte zur Verfügung stellten, theils für den Unterricht von 
Schülern, theils selbst zur Heranbildung von Lehrern. 
Ein hervorragendes Beispiel dafür, was Gemeinden aus eigener Initiative 
für den Turnunterricht gethan haben, gibt die Commune Wien. Im Mai 1862 
wurde der erste Communal-Schulturnplatz im VIII. Bezirke (Albertgasse) er 
öffnet. Heute hat die Gemeinde 27 Turnschulen (darunter 13 mit Sommer- 
Turnplätzen) im Betriebe, an denen 14,100 Schüler (darunter 7500 Mittelschüler, 
1700 Mädchen) unter 107 Lehrern (davon 5 für Mittelschulen) Unterricht er 
halten. Die Ausgaben hiefür betrugen im Jahre 1872 40.000 fl. Seit 1862 
wurde fast alljährlich ein Turncurs für je 20 Volksschullehrer im Aufträge der 
Gemeinde abgehalten. 
Auch der niederösterreichische Landesausschuss veranstaltete seit 1865 
alljährlich einen Eerial-Turncurs für Volksschullehrer. 
Aehnliche dem Turnen günstige Einrichtungen, zum Theil in anderer 
Bichtung (Turnhallen-Bauten) sind zu verzeichnen von Troppau, Brünn, Reichen 
berg, Salzburg, Linz, Graz, Triest und anderen Orten. 
Mit hohen Ministerial-Erlass vom 31. October 1867 Z. 9395 wird die 
Einführung des Turnunterrichtes in die allgemeine Volksschule officiell 
angeordnet. 
Es wird darin die geregelte körperliche Ausbildung als von heilsamer 
Wirkung, ja unabweislich als Gegengewicht gegen gesteigerte einseitige Inan 
spruchnahme des Geistes, und als passendes Mittel erklärt, um für die bevor 
stehende allgemeine Wehrpflicht vorzubereiten und in erhöhtem Grade tüchtig 
zu machen. Das hohe Ministerium glaubt, auf Grund dieser Auffassung, nicht länger 
zögern zu dürfen, dem Turnunterrichte an der Volksschule seine volle Aufmerk 
samkeit zuzuwenden und nimmt dieselbe auch seitens der Unterbehörden in 
Anspruch. Damit das Turnen an der Volksschule obligat werden könne, sei 
die nächste Voraussetzung, dass die Candidaten des Volksschul-Lehramtes für 
dieses Fach vorgebildet werden, und sei daher vorerst für Lehrer-Bildungsan 
stalten das Turnen als ordentlicher Lehrgegenstand einzuführen. Für den An 
fang wird zu diesem Zwecke auch die Mithilfe von Privat-Turnschulen gegen 
Honorar als zulässig erklärt. Es wird den Behörden aufgetragen, über die 
obwaltenden Verhältnisse Bericht und auch Vorschläge vom eigenen Stand- 
puncte zu erstatten; zugleich werden sie aufgefordert, fördernd einzuwirken, wo 
an Volksschulen Turnunterricht bereits besteht oder eingeführt werden will. 
Ministerial-Erlass vom 26. Jänner 1868 Z. 10875 ordnet (mit Beziehung 
auf den vorigen) an, dass, da an einigen Lehrer-Bildungsanstalten Turn 
unterricht schon besteht oder demnächst eingeführt werden wird, schon dermalen 
an allen Volksschulen, denen in Hinkunft ein turnkundiger Lehrer zugetheilt
	        
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