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Lehrer-Bildungsanstalten.
ihr eigenes Studium wesentlich beeinträchtigenden Privat-TJnterrichtes sich ihren
. Lebensunterhalt zu erwerben.
Die alten Präparandien standen unter unmittelbarer Leitung der Directoren
der betreffenden Hauptschulen. Nicht überall war ein eigener „Lehrerbildner”
mit der V erpflichtung, die Lehramts-Zöglinge unter der Oberleitung des Direc-
tors in und ausser der Anstalt zu überwachen und sich dem Unterrichte der
selben zu widmen, angestellt. Wenn der Director und Lehrerbildner den
Präparanden-Unterricht — ersterer natürlich neben seinen Arbeiten als Lehrer
und Director der Hauptschule — nicht bewältigen konnten, waren der Katechet
als Religionslehrer, die geeignetsten Hauptschullehrer, ein Nebenlehrer für den
Musikunterricht, ausnahmsweise auch Lehrer anderer Schulen oder wissenschaft
lich gebildete Männer aus anderen Ständen heranzuziehen. So war zum weit
aus grössten Theile der Unterricht der Lehramts - Candidaten Nebenbeschäf
tigung. Die Entlohnung entsprach diesen Verhältnissen.
Der Lehrkörper der reorganisirten, besser der neu errrichteten Lehrer-
Bildungsanstalten , besteht aus dem Director, aus zwei bis vier Hauptlehrern,
den Heligions-Lehrern, den Uebungsschullehrern und den erforderlichen Hilfs
lehrern und wird yom Minister für Cultus und Unterricht nach Einvernehmung
der Landes-Schulbehörde ernannt.
Die Directoren sind zu 10, die Hauptlehrer zu 20, die anderen Lehrer
zu 30 wöchentlichen Unterrichtsstunden verpflichtet; die für einzelne Fächer
angestellten Hilfslehrer haben selbstverständlich eine durch Vereinbarung fest
gesetzte Stundenzahl zu ertheilen.
Durch das Reichsgesetz vom 15. April 1873 ist die pecuniäre Stellung
des Lehrpersonales an den staatlichen Bildungsanstalten für Lehrer und Lehrer
innen in sehr erfreulicher Weise geregelt worden. Die Ziffersätze für Directoren
und Hauptlehrer entsprechen jenen für Gymnasien und Realschulen. Die
Katecheten und Uebungsschullehrer beziehen in Wien 1000 fl., an anderen
Orten 800 fl. an Gehalt und Quinquennal-Zulagen von 100 fl., ausserdem eine
nach den Ortsverhältnissen verschieden hohe Activitäts-Zulage, welche zwischen
200 fl. und 400 fl. variirt. Der Gehalt der Unterlehrer beträgt 600 fl.
Die Pensionsfähigkeit tritt ein nach zehnjähriger Dienstzeit.
Die Neuheit der selbstständigen Bildungs-Anstalten für Lehrer- und
Lehrerinnen macht es erklärlich, dass die Verwirklichung der ihrer Orga
nisation zu Grunde liegenden Principien noch keine vollständige ist.
Protz der alljährlich aufgewendeten sehr bedeutenden Summen bleibt noch viel
zu thun übrig. An nicht wenigen Anstalten bedarf es vor Allem einer ansehn
lichen 1 ermehrung der Lehrmittel, besonders jener für den naturwissenschaft
lichen Unterricht, sowie der Beischaffung zweckentsprechender Bibliotheken,
vornehmlich in allgemein pädagogischer und methodischer Richtung. Die meisten
leiden aber unter dem Drucke unzureichender oder nicht zweckdienlicher
Locale.