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II. Deutsche Sprache.
1. Lehrbücher.
In mehreren Städten ist in dieser Beziehung bereits ein glücklicher An
fang gemacht, um den vorhandenen Uebelständen abzuhelfen, und es kann nur
als eine Frage der Zeit angesehen werden, dass jedes Seminar in den Besitz
eines nach Raum und Eintheilung für seine Zwecke berechneten Gebäudes
komme. Die Bereitwilligkeit der Reichsvertretung war noch stets vorhanden,
so oft es galt, dem Minister für Cultus und TJnterrricht Mittel zu bieten, um
der Schule förderlich sein zu können.
II. Deutsche Sprache.
Bericht von Director Robert Niedergesäss in Wien.
Der provisorische Lehrplan für Lehrer - Bildungsanstalten (Ministerial-
Erlass vom 19. Juli 1870) enthält folgende Bestimmungen für den deutschen
Sprachunterricht an Lehrer-Bildungsanstalten:
Ziel: Genaue Kenntniss der Grammatik, Bekanntschaft mit den hervorragendsten
Erzeugnissen der Literatur, insbesondere des 18. und 19. Jahrhunderts; Gewandtheit in der
mündlichen und schriftlichen Darstellung, Vertrautheit mit der Methode des Sprachunterrichts.
I. Classe 5 Stunden. Grammatik: Aussprache, Betonung und Rechtschreibung. Lese
übungen mit vorzugsweiser Berücksichtigung der Volksschul-Lesebücher.
II. Classe 4 Stunden. Grammatik: Wortbildung, Rection der Verba und Präpositionen.
Lectüre.
III. Classe 4 Stunden. Grammatik in systematischem Zusammenhänge, insbesondere
Satzbau. Proben aus der Literatur; besondere Rücksicht auf das Volks- und Kirchenlied.
IV. Classe 4 Stunden. Neuere Literatur , und zwar mehr Lectüre als Geschichte. Arten
der Dichtung. Die vorzüglichsten Jugendschriften. Methodik des Sprachunterrichts.
In allen Classen werden Uebungen im mündlichen und schriftlichen Ausdruck vor
genommen. Auf das freie Erzählen ist besonderes Gewicht zu legen. Die schriftlichen
Aufsätze werden theils zu Hause, theils in der Classe ausgearbeitet, und zwar ist monatlich
je eine schriftliche Hausaufgabe und eine Clausurarbeit zu liefern. Neben Themen aus den
verschiedenen Zweigen des Unterrichts sollen in den letzten Classen vorzüglich solche über
pädagogische und didaktische Fragen gegeben werden. In der I. Classe ist die Form der
Aufsätze vorzugsweise Nachbildung. In der II. Classe Ausführung gegebener Dispositionen;
in der III. und IV. Classe müssen die Zöglinge angeleitet werden, über ein gegebenes
Thema selbst zu disponiren.
In den obern Classen haben sich an die freien Vorträge eine Kritik seitens des
Lehrers und Besprechung seitens der Zöglinge anzuschliessen.
1. Lehrbücher.
1. Egger Alois: „Deutsches Lehr- und Lesebuch für höhere Lehranstalten.”
I. und LL Theil. Wien 1868—71. (Der III. Theil ist 1872 erschienen, aber
noch nicht approbirt.) — Der I. Theil enthält die Grundzüge der Metrik,
Poetik und Stilistik, der II. Theil eine Einleitung in die Geschichte der
Literatur, der III. Theil eine Vorschule der Aesthetik. — Der Inhalt theilt
sich überall in Lehr- und Lesestoff. —