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Volltext: Bericht über österreichisches Unterrichtswesen, aus Anlass der Weltausstellung 1873, II. Theil

S. Evangelische Religion. 
193 
B. Evangelische Religion. 
Bericht von Professor Heinrich Röck in Bielitz. 
Die Aufgabe des Religions-Unterrichtes ist, den wesentlichen Inhalt der 
Offenbarung Gottes und die hauptsächlichsten Züge ihrer Entwickelung den 
Zöglingen so anzueignen, dass sie Rechenschaft geben können von ihrem Glauben, 
dass sie an demselben eine ihren Glauben bestimmende Macht haben und dass 
sie im Stande sind das Heil auch den Unmündigen zum Verständnisse zu 
bringen. Daher zerfällt der Unterricht in: I. Geschichte der Vorbereitung 
und Erfüllung des Heils, II. Glaubens- und Sittenlehre, III. Kirchen 
geschichte, IV. Katechetik. 
I. Die Heilsgeschichte gründet sich auf die heilige Schrift als die 
Offenbarungs-Urkunde. Sie lehrt an der Hand derselben, einerseits was Gott 
in der Menschheit zu ihrem Heile gewirkt hat, andererseits wie die göttliche 
Offenbarung von den Menschen verstanden und angeeignet worden ist. Daraus 
soll klar werden, sowohl welchen Gang die göttliche Offenbarung genommen 
und welchem Ziele sie zugestrebt hat, als auch in welchem Verhältnisse die 
Heilsgeschichte zu den verwandten Disciplinen steht, und welches der Charakter 
der heiligen Schrift als des Denkmals dieser Geschichte ist. 
II. Die Glaubens- und Sittenlehre entfaltet den auf dem Wege der 
heilsgeschichtlichen Entwickelung erreichten Thatbestand der Gemeinschaft des 
Menschen mit Gott durch Christum zu der in der heiligen Schrift dargelegten 
reichen Eülle, wie die evangelische Kirche sie derzeit versteht; sie weist den 
Glaubensinhalt auf als die das Individuum beseligende, es zum sittlichen Leben 
führende, mit Gott und den Brüdern in der Liebe einigende und vollendende 
Macht; sie lehrt das Christenthum verstehen als Lebensstand (Reich Gottes), 
der allerdings in allen seinen Richtungen zum klaren Bewusstsein und zu ent 
sprechender Betätigung und Vollendung zu bringen ist; sie nimmt Rücksicht 
auf die Unterscheidungslehren, aber immer so, dass das Gemeinsame, die Ein 
heit in der Liebe, das Vorherrschende ist. — 
III. Die Kirchengeschichte erzählt die Gestaltung und Verbreitung 
des Christenthums in den Hauptzügen; sie zeigt, dass die in Jesu Christo dar 
gestellte Liebe der Menschen zu Gott und den Brüdern diejenige Macht ist, 
welche die Welt überwindet, dass diese Macht sich jeweilig entsprechenden 
Ausdruck schafft und sich den feindlichen Einwirkungen gegenüber immer sieg 
reich behauptet, der heidnischen Zuchtlosigkeit und jüdischen Gesetzes-Knecht- 
schaft entgegen als Freiheit in der Liebe. 
IV. Die Katechetik leitet die Zöglinge an, diesen beseligenden Glaubens 
inhalt den Unmündigen anzuzeigon, damit er auch für sie die ihr Leben be 
stimmende Macht werde, und gibt einen geschichtlichen Ueberblick über die 
Art und Weise, wie die Erreichung dieses Zieles angestrebt worden ist.
	        
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