G. Israelitische Religion.
195
Bestimmung in der Weise, dass diese Prüfung durch jene Commissionsglieder,
welche eigens hiezu bestellt sind, abgesondert im Beisein des Directors der
Prüiungs - Commission und der von den Kirchenbehörden dazu abgeordneten
Commissäre vorzunehmen sei, wobei den letzteren die Bestimmung des Calculs,
dem Director aber ein Einblick in die Fähigkeit zur methodischen Behand
lung des Stoffes Vorbehalten bleibt.
Das Lehrziel endlich für den Religions - Unterricht der Candidaten und
Candidatinnen haben nach §. 1 der Ministerial - Verordnung vom 19. Juli 1870
die Vorstände der Cultusgemeinden zu bestimmen.
Dass in Folge dieser Anordnung von einem einheitlichen Lehrziele und
einem gleichmässigen Lehrplane keine Rede sein kann, ist klar; im Grossen
und Ganzen aber wird sich als Minimal-Forderung für die Lehrbefähigungs-Prü
fung wohl Folgendes herausstellen:
a) Bibelkunde im Allgemeinen, dann Kenntniss der biblischen Geschichte und
der wichtigsten Momente aus der nachbiblischen Zeit.
b) Systematischer Ueberblick über die Lehren und Satzungen des Juden
thums.
c) für Lehramts-Candidaten: Die Fähigkeit, leichte prosaische Stücke
aus der Bibel im Urtexte zu lesen;
für Lehramts-Candidatinnen: Fertigkeit im Hebräischlesen und Ver-
ständniss der wichtigsten Gebete;
d) die Fähigkeit, die angeführten Stoffe auch methodisch richtig vorzutragen
und zu behandeln.
V. Pädagogik.
Bericht von Director Theodor Vernaleken in Wien.
Die Cultivirung der Pädagogik als Lehrgegenstand hängt mit der Ent
wickelung des Volksschulwesens zusammen. Eine allgemeine Volksschule gab
es vor Maria Theresia in Oesterreich eigentlich nicht. Anfänge wurden gemacht, als
diese Kaiserin 1774 den Abt Felbiger aus Schlesien berief. Die wissenschaft
liche Pädagogik fand in Oesterreich ihren Bearbeiter erst in V. E. Milde
(1777 zu Brünn geh.), der Katechet bei St. Anna war, 1806 Professor der
Pädagogik an der AViener Hochschule, 1831 Erzbischof von Wien. Im Jahre
1811 ff. schrieb er ein „Lehrbuch der allgemeinen Erziehungskunde”,
2 Bde. Es beruht auf anthropologischer Grundlage und zeigt umfassende Kennt
niss der betreffenden Literatur. Milde behandelt die physische, die intellectuelle
Erziehung, die Bildung des Gefühls- und Begehrungsvermögens. 1820 erschien
oin Auszug. — Ein anderer Katechet bei St. Anna, Jos. Weinkopf, schrieb
1822 eine „Didaktik und Methodik.— J, Peitl verfasste ein „Methoden-
13*