IX. Naturkunde. A. Naturgeschichte u. Landwirthschaftslehre, 1, Gesetzl. Bestimmungen. 203
IX. Naturkunde.
A. Naturgeschichte und Landwirthschaftslehre.
Bericht von Professor Dr. J. Woldfich in Wien.
1. Gesetzliche Bestimmungen.
Der Ministerial-Erlass vom 6. October 1851 Z. 8757 bestimmte die Natur
geschichte nicht als obligaten Gegenstand für Lehrer-Bildungsanstalten, sondern
„es sollte den Präparanden, was aus diesem Gegenstände von hervorragender
Wichtigkeit ist und im praktischen Leben häufigere Anwendung findet, bei
der Erklärung der Lesestücke oder sonst bei passenden Anlässen mit-
getheilt werden.” Im Uebrigen worden sie auf das Privat-Studium ver
wiesen.
Im Gesetz vom 14. Mai 1869 erscheinen als Unterrichts - Gegenstände
angeführt: Zoologie, Botanik und Mineralogie.
Die Verordnung des Ministers für Cultus und Unterricht vom 19. Juli 1870
enthält in dieser Beziehung die nachstehenden Bestimmungen:
Ziel: Kenntniss der Naturproducte der drei Keiche nach ihrem innern und äussern
Bau, nach ihrer Gesetzmässigkeit und Zusammengehörigkeit.
1. Classe, 3 Stunden. 1. Semester. Zoologie: Somatologie des Menschen. 2. Semester.
Wirbeltkiere mit vergleichender Betrachtung ihres Baues.
II. Classe, 2 Stunden. 1. Semester. Die Insecten und niedern Thiere nach denselben
Gesichtspuncten und mit besonderer Rücksicht auf die landwirtschaftlich, technisch und
nationalökonomisch wichtigen Arten.
2. Semester. Botanik: Die wichtigsten Pflanzen der Umgebung mit besonderer Rück
sicht auf die Giftpflanzen.
III. Classe, 2 Stunden. 1. Semester. Eigenschaften der Pflanzen. Gruppirung derselben
zu einem natürlichen System. Behandlung der wichtigsten Nahrungspflanzen.
2. Semester. Mineralogie: Die wichtigsten Mineralien in landwirtschaftlicher, tech
nischer und geognostischer Beziehung.
IV. Classe, 2 Stunden. Allgemeine Begriffe der Geologie. Verbreitung der Thiere
und Pflanzen mit Rücksicht auf die physikalischen Lebensbedingungen.
Wiederholung. Methodik.
Als Lehrziel wurde durch die Verordnung des Ministers für Cultus und
Unterricht vom 12. Juli 1869 Nachstehendes festgestellt:
Eine auf Anschauung und Uebung im Unterscheiden und Bestimmen gegründete
Bekanntschaft mit den drei Naturreichen, Orientirung in den Krystallsystemen und Kennt
niss des Zusammenhanges der häufigsten Formen in denselben, Erfassung des Entwicklungs
ganges im Pflanzenreiche, mit Vermeidung jedes systematischen Details, Bekanntschaft mit
den wichtigsten Thiergruppen, genaue Kenntniss des Menschen. Den Schluss des natur
geschichtlichen Unterrichtes soll die physikalische Geographie bilden, wobei das in den
verschiedenen Zweigen des naturwissenschaftlichen Wissens Gelehrte zusammengefasst und
die gegenseitige Beziehung und Ergänzung der auf unserem Planeten befindlichen Körper
dargelegt werden soll. Es sind hiebei vornehmlich die Wirkungen des Wassers in geologi
scher Hinsicht zu berücksichtigen, und ist die Architektonik der Erdrinde, die geologische